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111 Das Moralgesetz Sofie, die Hauptfigur im Roman über die Philosophie von Jostein Gaarder, erhält Unterricht über die wichtigsten Philosophen. Ihr Philosophielehrer Alberto erklärt ihr die Ethik Immanuel Kants: „Kant glaubte, alle Menschen hätten eine praktische Vernunft, die uns jederzeit sagt, was im moralischen Bereich Recht ist und was Unrecht.“ […] „Und was sagt dieses Moralgesetz?“ „Da es vor jeder Erfahrung liegt, ist es ,formal’. Das bedeutet, dass es nicht mit bestimmten mo ralischen Wahlmöglichkeiten zusammenhängt. Es gilt für alle Menschen in allen Gesellschaften und zu allen Zeiten. Es sagt also nicht, dass du in dieser oder jener Situation dies oder jenes tun sollst. Es besagt, wie du dich in allen Situationen zu verhalten hast.“ „Aber welchen Sinn hat ein Moralgesetz, wenn es uns nicht sagt, wie wir uns in einer bestimmten Situation zu verhalten haben?“ „Kant formuliert sein Moralgesetz als kategorischen Imperativ. […] Erstens sagt er, wir sollten immer so handeln, dass wir uns gleichzeitig wün schen können, die Regel, nach der wir handeln, würde allgemeines Gesetz. Wörtlich heißt es bei ihm: ,Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.’“ „Wenn ich etwas tue, muss ich also sicher sein, dass ich mir wünschen kann, alle anderen würden in derselben Situation dasselbe tun.“ „Genau. Nur dann handelst du in Übereinstimmung mit deinem inneren moralischen Gesetz. 5 10 15 20 25 30 35 40 Kant hat den kategorischen Imperativ auch so formuliert, dass wir andere Menschen immer als Zweck an sich selbst und nicht bloß als Mittel zu etwas anderem behandeln sollen.“ „Wir dürfen andere Menschen also nicht ,benutzen’, nur um selber Vorteile zu erlangen.“ „Nein, denn alle Menschen sind ein Zweck an sich. Aber das gilt nicht nur für andere Menschen, das gilt auch für uns selber. Wir dürfen uns selber auch nicht als Mittel benutzen, um etwas zu erreichen.“ Jostein Gaarder, S. 373-374 A2 a) Erläutere die beiden Begriffe „kategorisch“ und „Imperativ“. b) Gib die beiden Formeln des kategorischen Imperativs in eigenen Worten wieder. Erkläre, warum das Moralgesetz Kants kategorischer Imperativ heißt. c) Führe folgendes Gedankenexperiment durch: Auf dem Planeten X werden die Bewohner nur als Mittel behandelt. Wie würde das aus sehen? Würdest du dort gerne leben? Begründe deine Antwort. d) Findet in Gruppen Alltagssituationen, in denen ihr den kategorischen Imperativ an wenden könnt. Gerechtigkeit A1 a) Erläutere die folgenden Begriffe: Menschheit, Person, Zweck, Mittel. b) Formuliere den Spruch auf dem Sockel der Kantbüste in eigenen Worten. c) Erkläre den Widerspruch zwischen dem Spruch und dem Handeln der Schüler. Überlege dabei, wann Putzfrauen nur als Mittel, wann auch als Zweck behandelt werden. d) Findet weitere Beispiele, in denen gegen die sogenannte Mensch-ZweckFormel Kants verstoßen wird. Beachtet dabei zum Beispiel auch die vorherigen Seiten zum Thema „Menschenrechte/Menschenwürde“ (S. 104-109). Glossar: Immanuel Kant, Imperativ, kategorisch, Maxime Internet-Adresse www.br-online.de/br-alpha/kant-fuer-anfaenger Filmepisoden zu den wichtigsten Themen Kants Immanuel Kant (1724-1804) 6645_1_4_2014_kap 3_layout 4 21.10.16 11:07 Seite 111 Nu r z u Pr üf zw ck n Ei ge nt um d es C .C .B uc h er V er la gs | |
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