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Die Gegenwart: Marktwirtschaft in der Globalisierung 99 M3 Stimmen zur Bewertung der globalen Wirtschaft a) Positive Auswirkungen der Globalisierung Die Volkswirtschaft vieler Länder ist dank der Öffnung ihrer Märkte für den internationalen Handel sehr viel schneller gewachsen, als es ansonsten der Fall gewesen wäre. Der Welthandel fördert die ökonomische Entwicklung, wenn die Exporte eines Landes die treibende Kraft seines Wirtschaftswachstums sind. Exportinduziertes Wachstum war das Kernstück der Industriepolitik, der Millionen von Menschen in Asien ihren Wohlstand verdanken. Aufgrund der Globalisierung leben viele Menschen auf der Welt heute länger als früher, und ihr Lebensstandard ist deutlich höher. Menschen im Westen halten die niedrig bezahlten Arbeitsplätze bei Nike vielleicht für reine Ausbeutung, aber viele Menschen in den Entwicklungsländern stellen sich deutlich besser, wenn sie einen Job in einer Fabrik ergattern, als wenn sie weiterhin in der traditionellen Landwirtschaft tätig sind. Joseph Stiglitz, Die Schatten der Globalisierung, Berlin 2002, S. 18 f. b) Negative Auswirkungen der Globalisierung Die Staaten sind gezwungen, der drohenden Abwanderung von mobilen Produktionsfaktoren (Kapital, Unternehmen) durch Steuererleichterungen, Deregulierungen, Druck auf die Löhne u. a. m. entgegenzuwirken. Dadurch besteht nicht nur die Gefahr des Abbaus von sozialen Sicherungssystemen für die Beschäftigten, sondern auch die Gefahr des Steuersenkungswettlaufs zwischen einzelnen Staaten. Dieser könnte letztlich die Steuersysteme aller beteiligten Staaten aushöhlen und die öffentlichen Haushalte unterminieren. Als weitere negative Auswirkungen werden u. a. befürchtet: • Wachsende Ungleichheit sowohl innerhalb von Staaten als auch zwischen Staaten bzw. Regionen • Probleme für kleine und mittlere Unternehmen, die in Gefahr geraten, zunehmend von großen transnationalen Unternehmen abhängig zu werden bzw. von diesen bei Zulieferungen unter Preisdruck zu geraten • Längere Transportwege (und damit wachsender Ressourcenverbrauch und ökologische Probleme) • Weltweite Ausbreitung westlicher Konsummuster Nach: Michael Zarth und Petra Huege, Auswirkung der Globalisierung auf die Regionen der Bundesrepublik Deutschland, in: Informationen zur Raumentwicklung, H. 1, 1999, S. 6 c) Unterschiedliche Sichtweisen der Globalisierung Der Grund für die unterschiedliche Sichtweise der Globalisierung liegt hauptsächlich darin, dass es sowohl Gewinner als auch Verlierer gibt, und zwar sowohl innerhalb nationaler Volkswirtschaften als auch zwischen diesen. Was macht Firmen, Staaten, Kulturen oder Einzelpersonen zu Verlierern oder Gewinnern? Stark vereinfacht gesagt sind es Unterschiede bezüglich der Macht, des verfügbaren Kapitals sowie der Anpassungsfähigkeit. Die Globalisierung geht mit einer starken Beschleunigung des Strukturwandels einher. Länder, Unternehmen, Kulturen und Sozialschichten, die beim beschleunigten Strukturwandel nicht mithalten können und weder über Macht noch Reichtum noch weltweit benötigte Ressourcen verfügen, sind in Gefahr, abgehängt zu werden und dann als definitive Verlierer dazustehen. Gewinner sind umgekehrt diejenigen, die sich nicht nur rasch anpassen können, sondern die Richtung des Strukturwandels bestimmen oder mitbestimmen können. Schlussbericht der Enquete-Kommission „Globalisierung der Weltwirtschaft“, Berlin 2002, S. 53 d) Die Globalisierung und ihre Auswirkungen auf Europa Die Menschen in den Entwicklungsländern werden noch auf Jahrzehnte bereit sein – wahrscheinlich weit über das neue Jahrhundert hinaus – zu deutlich geringeren Löhnen und bei deutlich geringerer sozialer Sicherung zu arbeiten als etwa Menschen in Europa, in Nordamerika oder in Japan. Deshalb können Unternehmen in wohl angepassten Entwicklungsländern ihre Produkte auf den Weltmärkten zu niedrigeren Preisen anbieten, als sie von den Unternehmern der alten Industriestaaten erzielt wurden. Die Globalisierung der Technologie hat den industriellen und technologischen Vorteil, über den Westeuropa fast zwei Jahrhunderte lang verfügte, bereits zu einem erheblichen Teil eingeebnet. Wir stehen morgen in einem weltweiten Wettbewerb – nicht nur um den Absatz von Produkten und Dienstleistungen, sondern, damit verbunden, auch um Arbeitsplätze. Ein – wenn auch vorerst kleiner – Teil der strukturellen Arbeitslosigkeit in Europa geht schon heute auf den „Export von Arbeitsplätzen“ in die Niedriglohnländer zurück; zukünftig kann dieser Anteil erheblich steigen. Wir Westeuropäer haben diese Entwicklung nicht rechtzeitig erkannt, wir haben außerdem bisher nicht die Kraft aufgebracht, die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Helmut Schmidt, Die Selbstbehauptung Europas, Stuttgart/München 2000, S. 49 f. 1. Stellen Sie die angegebenen positiven und negativen Auswirkungen der Globalisierung in einer Tabelle zusammen. Bewerten Sie anschließend die Bilanz. 2. Altbundeskanzler Helmut Schmidt beklagt, Europa habe die Globalisierung nicht früh genug erkannt und nötige Konsequenzen nicht gezogen. Erläutern Sie, worin eine angemessene Reaktion bestanden hätte. 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 N u r zu P rü fz w e c k e n E ig e n tu d e s C .C . B u c h n r V rl a g s | |
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