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Wie es ist, alt zu sein 35 Alter – Verfall oder Gewinn? Was ist für Sie Alter? Philosoph: Die Frage ist nicht so einfach zu beantworten. Wenn wir vom Alter als einem Prozess sprechen, der zum Tode führt, ist diese Ausdrucksweise schon verfänglich. Sie lässt das Alter nämlich als eine Schwundstufe des Lebens erscheinen, die im Wesentlichen durch Verlust und Verfall charakterisiert ist. Eine solche Betrachtung würde den Menschen doch auf ein rein biologisches Wesen reduzieren, oder? Philosoph: Ja, wer so denkt, kann zwar auf unbestreitbare biologische Einschränkungen verweisen, übersieht aber, dass das Alter, auch das hohe Alter, in Wahrheit eine eigene Lebensform darstellt, die – wie Kindheit, Jugend, Erwachsensein – nur eine andere Form des Menschseins ist. Was meinen Sie damit? Philosoph: Jugend, Alter, aber auch Abschied und Glück sind nicht Eigenschaften des Lebens, sondern Formen, Gestalten, Zeiten, unter die ein Leben tritt. Das Leben ist nicht einfach ein zeitlicher Prozess – oder anders formuliert: Die Zeit des Lebens sind seine Zeiten. Das Leben schafft sich unterschiedliche Gestalten; und das Alter ist eine dieser Gestalten. Stehen sich in der Altersforschung noch immer naturwissenschaftliche und geistesbzw. sozialwissenschaftliche Perspektiven unverbunden gegenüber? Philosoph: Die Unterscheidung selbst liegt nahe, da am Alter nicht nur unsere biologische Natur, sondern auch unsere psychische und kulturelle Natur teilhat. Eine biologische Perspektive bezieht sich dabei üblicherweise auf Abbauprozesse, d. h. auf Gesichtspunkte schwächer werdender biologischer Kapazitäten und Funktionsfähigkeiten. Die geistesbzw. sozialwissenschaftliche Perspektive dagegen betrachtet auch solche Aspekte des Alterns und des Alters, die Ausdruck von Prozessen sind, bezogen auf die Welt des Geistes, der Gefühle, aber auch der Handlungen. Die physischen Grenzen der Handlungswelt können wohl enger, ihre kulturellen Grenzen aber durchaus weiter werden. Hier werden Besonderheiten ins Auge gefasst, die deutlich machen, dass Entwicklung kein M2 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 exklusives Moment der Jugend ist. Wie werden sich Alterungsprozesse in Zukunft darstellen? Philosoph: Optimistische Annahmen gehen davon aus, dass sich Krankheiten in Zukunft derart verlangsamen bzw. verschieben lassen, dass sie erst jenseits des biologischen Maximalalters auftreten werden, also nicht mehr innerhalb der üblichen Lebenszeit liegen. Das Alter verlöre seine Krankheit und damit einen wesentlichen Teil seiner Einschränkungen. Pessimistische Annahmen verknüpfen hingegen gerade das Alter mit wachsender Krankhaftigkeit. Jedes gesunde Jahr eines verlängerten Lebens würde durch viele kranke Jahre erkauft. Vermutlich wird keine dieser Annahmen rein bestätigt werden, die eine nicht, weil sie nicht mit der natürlichen Evolution rechnet, die noch manch böse Überraschung, Stichwort „AIDS“, für uns bereithalten wird, die andere nicht, weil sie den wissenschaftlichen Fortschritt, z. B. im Bereich der Alzheimer-Demenz, wohl zu gering einschätzt. Entscheidend jedoch ist, dass das Alter wieder als eine Lebensform in den Blick tritt, die sich nicht allein als Ausbleiben von Wachstum und als Eintritt von Verfall definieren lässt. 1 Erklärt, wie der Alters-Simulationsanzug funktioniert und welchen Nutzen er hat. ➜ M1 2 Fertigt eine Matrix an, die die unterschiedlichen Aspekte des Alterns nach dem Philosophen erfasst. ➜ M2 3 Sammelt Zitate und Sprichwörter zum Thema Alter und erstellt gemeinsam über die Auswahl von Sprüchen und deren „Weisheit“. ➜ M2 A u fg a b e n Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei g nt um d es C .C . B uc er V er la gs | |
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