Volltext anzeigen | |
107 5 10 15 5 5 10 15 3 Arbeiterwohnhaus für vier Familien der Firma Meister Lucius & Brüning in Höchst. Ansicht und Grundriss, 1874/75. Die ersten Werkswohnungen der Farbwerke entstanden 1874 in der Flur „Seeacker“ – heute das Gelände zwischen Leunastraße und Werksschule – also in unmittelbarer Nähe zur Fabrik. Zu den Häusern gehörten ein kleiner Garten sowie ein Schuppen oder Stall für Kleinvieh. 4 „Wohlfahrtseinrichtungen“ In einer Fabrik, die ihre „Wohlfahrtsein richtungen“ pflegt, erklärt 1882 ein rheinischer Unternehmer … […] sei zunächst der Arbeiter wechsel ein geringerer, die Maschinen ständen weniger still, der Arbeiter sei vertrauter mit seiner Arbeit, seiner Maschine, das Ineinander greifen der Arbeiten werde weniger gestört […]. Ferner sei die Produktionsleistung eine erhöhte […]. Was die Mühen und Kosten anlange, so seien dieselben minimal gegen über dem, was bei gu ten Einrichtungen geleistet werde. Gerhard A. Ritter und Klaus Tenfelde, Arbeiter im Deutschen Kaiserreich 1871 bis 1914, Bonn 1992, S. 414 2 Die Forderungen Kettelers Im Sommer 1869 hält Bischof Ketteler auf der Liebfrauenheide bei Offenbach eine Rede, die seither als das „Grundgesetz“ der christlichen Arbeiterbewegung gilt; in ihr fordert er: Die erste Forderung des Arbeiterstandes ist eine dem wahren Werte der Arbeit entsprechende Erhöhung des Arbeiterlohnes. Diese Forderung ist […] höchst billig*; auch die Religion fordert, dass die menschliche Arbeit nicht wie eine Ware behandelt und lediglich durch Anund Abgebot abgeschätzt werde […]. Nicht der Kampf zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeiter muss das Ziel sein, sondern ein rechtmäßiger Friede zwischen beiden. Die Gottlosigkeit des Kapitals, das den Arbeiter als Arbeits kraft und Maschine ausnützt, muss gebrochen werden […]. Aber auch die Gottlosigkeit der Arbeiter muss vermieden werden. Die zweite Forderung des Arbeiterstandes ist die Verkürzung der Arbeitszeit […]. Die dritte Forderung des Arbeiterstandes ist die Gewährung von Ruhetagen […]. Eine vierte Forderung des Arbeiterstandes ist das Verbot der Arbeit der Kinder in den Fabriken für die Zeit, in welcher sie noch schulpflichtig sind. Geschichte der christlich-demokratischen und christlich-sozialen Bewegungen in Deutschland. Im Auftrag der Konrad-Ade nauer-Stiftung hrsg. von Günther Rüther, Bonn 1984, Teil II, S. 206 * billig: hier im Sinne von „angemessen“ 1 Pauperismus und die Folgen Der erste Politiker, der auf das Los der Arbeiter aufmerksam macht und von den Regierenden soziale Maßnahmen fordert, ist Franz Josef Ritter von Buß. Im April 1837 sagt der Professor der Rechtsund Staatswissenschaft im badischen Landtag: Die durch den gewerblichen Aufschwung, durch die Tendenz unserer Staaten zur Übervölkerung und den Mangel an anderweitiger Unterkunft anschwellende Anzahl der Fabrikarbeiter führt wegen ihrer ökonomischen Unsicherheit zu einer wahren Massenarmut, dem so genannten Pauper ismus […]. Eine Ersparung ist dem Arbeiter selbst bei günstigen Verhältnissen nur in geringem Maße möglich; jede längere Unter brechung der Arbeit zwingt ihn, die öffent liche Hilfe anzusprechen […]. Die ganze Lage des Fabrikarbeiters ist bei großem Angebote der Arbeit eine stete Quelle seiner Armut: Treten noch Gewerbestockungen hinzu, so wüten sie verheerend in den Reihen der Arbeiter […]. Die Tendenz des Umsturzes, wahrlich in unseren Tagen nur zu sehr verbreitet, findet in den Fabrikheloten* die nahen Ver bündeten, einmal weil ihre eigene unbehagliche Stellung in jeder gesellschaftlichen Veränderung ihnen eine Abhilfe vorspiegelt, ferner weil sie in dem die Fabrikherren schützenden Staat den eigenen Feind erkennen. Ernst Schraepler (Hrsg.), Quellen zur Geschichte der sozialen Frage in Deutschland. Band 1: 1800-1870, Göttingen 31964, S. 66 f. und 69 * Fabrikheloten: Fabriksklaven 1. Franz Josef Ritter von Buß nennt Probleme der Arbeiter (M 1). Wo sieht er die Ursachen? Von wem erwartet er eine Lösung der sozialen Frage? 2. Führt ein Streitgespräch zwischen einem Vertreter der Forderungen Kettelers (M 2) und einem Unternehmer (M 4). 3. Inwiefern bringen „Wohlfahrts ein richtungen“ für den Unternehmer Vorteile (M 4)? 4. Der Wohnungsbestand der Farbwerke Hoechst (M 3) entwickelte sich wie folgt: 1880: 64 Werkswohnungen, 1890: 175, 1900: 459 und 1910: 742. Stelle die Entwicklung grafisch dar und setze sie in Beziehung zur Belegschaft der Firma (siehe die Zahlen auf Seite 95). 4743_097_112_q7.qxd 12.08.2016 8:04 Uhr Seite 107 Nu r z u Pr üf zw ke n Ei ge nt um d s C .C .B uc h e V er la gs | |
![]() « | ![]() » |
» Zur Flash-Version des Livebooks |