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87 Aufschwung der Chemie Ihre Bedeutung erlangte die Chemie im Deutschen Reich durch Justus von Liebig. Er hatte während einer Studienreise nach Paris 1822/23 die Methoden chemischer Forschung kennen gelernt. 1824 richtete der erst 21-Jährige ein großes Laboratorium in Gießen ein. Es wurde international berühmt. Liebig erfand zahlreiche Analysegeräte (z.B. den Liebig’schen Kühler). Er entdeckte auch, dass Pflanzen dem Boden chemische Stoffe entziehen. Diese Erkenntnis veranlasste ihn, Kunstdünger zu entwickeln. Einen bedeutenden Schub erhielt die chemische Industrie durch künstliche Farbstoffe. Im Deutschen Reich war der Anreiz sie herzustellen groß, da es im Unterschied zu Großbritannien keine Kolonien besaß, aus denen es natürliche Farbstoffe billig hätte beziehen können. Rohmaterial für die künstlichen Farbstoffe wurde der beim Verkoken von Steinkohle entstehende Teer. Die chemische Industrie nahm einen gewaltigen Aufschwung. Beispiele dafür sind die 1863 bei Höchst gegründete Anilinfarbenfabrik Meister Lucius & Brüning (die spätere Hoechst AG), die im selben Jahr in Barmen (heute WuppertalBarmen) entstandene Farbenfabrik Fried rich Bayer & Co und die 1864 in Mannheim gegründete Badische Anilinund Sodafabrik (BASF). Neben den synthetischen Farben wurden später auch Arzneimittel und Kunststoffe industriell gefertigt. Elektrizität setzt sich durch Der 1816 in Lenthe (heute Gehrden bei Hannover) geborene Werner Siemens, der „Vater der deutschen Elektroindustrie“, hatte bereits in den 1840er-Jahren elektrische Energie für Telegrafenanlagen* eingesetzt und an der Entwicklung von Stromkabeln gearbeitet. 1866/67 erfand er eine Dynamomaschine. Sie bildete eine Grundlage für den Bau von Generatoren, die mechanische Energie in elektrische umwandeln konnten. Als es gelang, elektrische Energie ohne große Verluste mit Hilfe isolierter Kabel zu „transportieren“ und durch Transformatoren die Stromspannungen zu verändern, war der Weg für die moderne Elektrotechnik frei. Elektrische Energie konnte nun in fast beliebiger Menge hergestellt, verteilt und genutzt werden: Sie ließ sich in Licht, Wärme oder Schall umwandeln. Einen weiteren Fortschritt brachte der Elektromotor, der Strom in mechanische Arbeit umsetzen konnte. Die Elektrizität löste allmählich auch das Gas bei der Straßenbeleuchtung ab. Bald fuhren auch Straßenoder Untergrund-Bahnen mit Strom. Weil Stromanschlüsse teuer waren und die meisten Wohnungen Gasversorgung hatten, setzte sich trotz eines großen Werbeaufwands die Elektrifizierung der Haushalte nur allmählich durch. Elektrisches Licht wurde für viele erst in den 1920er-Jahren eine Selbstverständlichkeit. Allein wenige wohlhabende Haus halte konnten sich die inzwischen entwickelten tragbaren Staubsauger, automatischen Bügeleisen, Trommel-Waschmaschinen, Kühlschränke oder Kaffee maschinen leisten. * Über die Telegrafen erfährst du auf der nächsten Seite mehr.4 Titelseite einer Preisliste von 1886. Informiert euch über die hier angebotenen Anilinund Alizarin-Farben. 3 Das Labor von Justus Liebig am Chemischen Institut der Universität Gießen. Holzstich nach einer Zeichnung von Wilhelm Trautschold, 1842. 4743_081_096_q7.qxd 12.08.2016 8:02 Uhr Seite 87 Nu r z u Pr üf zw ck en Ei ge nt um d es C .C .B uc hn er V er la gs | |
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