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77 1. Beurteile das Verhalten der Justiz gegenüber Frau Schanzlin (M 6). 2. Arbeite aus M 7 die Haltung des Großherzogs – zur Revolution – zur nationalen Frage und – zu Reformen heraus. 3. Beschreibe Gefühle und Hoffnungen, die M 8 ausdrücken. 4. Vergleiche die Darstellung der Opfer und Täter auf der Skizze von Kerner (M 9) mit den Bildern von Steffeck (Abb. 1, Seite 74) und Goya (Abb. 1, Seite 45). 6 Eine politisch Verfolgte Im Juni 1849 stirbt Herr Schanzlin, der für die provisorische Regierung in Baden gearbeitet hat, an den Folgen einer Misshandlung, die ihm Soldaten zugefügt hatten. Im November 1849 schreibt seine Frau an Kathinka Zitz, die ihr nach dem Tod des Mannes geholfen hat: Man hatte noch nicht genug Rache genommen. Man riss auch mich, eine unglückliche Frau, deren Mann man gemordert, von ihren drei noch unglück licheren Kindern hinweg und führte mich als Kriegsgefangene nach Karlsruhe ab in ein Gefängnis. Man beschuldigte mich des Hochverrats und Aufhetzung preußischen Militärs und dies alles jedoch nur, um eine Unglückliche unschädlich zu machen, die klagend gegen ihre Verfolger auftrat. Dieser vierzehntägige Untersuchungsarrest raubte mir fast alle Besinnung und körperliche Kraft. Gerlinde Hummel-Haasis (Hrsg.), Schwestern, zerreißt eure Ketten. Zeugnisse zur Geschichte der Frauen in der Revolution von 1848/49, München 1982, S. 311 5 10 15 20 25 30 35 7 Der Großherzog hat das Wort Am 18. August 1849 verkündet der Großherzog von Baden: Im zwanzigsten Jahre Meiner Regierung [...] hat der schmachvollste Aufruhr, den die deutsche Geschichte kennt, Mein Land mit Unglück und Schande bedeckt. Nur durch Meine Flucht vor der Gewalt der Empörer war es möglich, noch größeres Elend zu verhüten und baldige Erlösung aus der Pöbelherrschaft zu bringen. […] Ich habe, wie bekannt, kein Opfer und keine Mühe gescheut, um eine die Freiheit, die Einheit und die Macht unseres großen deutschen Vaterlandes verbürgende Verfassung zu fördern. […] Die in reichem Maße gewährten Rechte und Freiheiten, vorzüglich die der Presse und Vereine, sind zur Lösung aller Bande der Staatsordnung und zur Aufregung der wildesten Leidenschaften missbraucht worden. Es ist Meine heilige Pflicht, der Wiederkehr dieses Übels mit vollem Nachdruck zu begegnen und Maßregeln zu ergreifen, wie sie überall da für nötig erachtet sind, wo neben strenger Herrschaft der Gesetze und unangefochtener Heiligkeit des Glaubens ein hoher Grad politischer Freiheit besteht. Große Verantwortung trifft nicht wenige Diener des Staates, der Schule und selbst der Kirche, welche in geradem Widerspruch mit den Pflichten ihres Berufes durch geheime Umtriebe und durch offene Aufforderung den Aufruhr begünstigt haben. Sie fortan unschädlich zu machen, ist ebenso dringend geboten, als das Wirken berufs treuer Beamten kräftig zu schützen Franz X. Vollmer, Vormärz und Revolution in Baden, Frankfurt a.M., S. 178 f. 5 10 15 20 25 8 Badisches Wiegenlied 1849 singen in Straßburg geflohene deutsche Republikaner erstmals das „Badische Wiegenlied“. Die folgende Fassung stammt von dem Dichter Ludwig Pfau (1821-1894) aus Heilbronn. Schlaf, mein Kind, schlaf leis, Dort draußen geht der Preuß! Deinen Vater hat er umgebracht, Deine Mutter hat er arm gemacht, Und wer nicht schläft in stiller Ruh, Dem drückt der Preuß die Augen zu. Schlaf, mein Kind, schlaf leis, Dort draußen geht der Preuß! Schlaf mein Kind, schlaf leis, Dort draußen geht der Preuß! Der Preuß hat eine blut’ge Hand, Die streckt er übers badische Land, Wir müssen alle stille sein, Als wie dein Vater unterm Stein. Schlaf, mein Kind, schlaf leis, Dort draußen geht der Preuß! Schlaf, mein Kind, schlaf leis, Dort draußen geht der Preuß! Zu Rastatt auf der Schanz, Da spielt er auf zum Tanz. Da spielt er auf mit Pulver und Blei, So macht er alle Badener frei. Schlaf, mein Kind, schlaf leis, Dort draußen geht der Preuß! Schlaf mein Kind, schlaf leis, Dort draußen geht der Preuß! 30 Gott aber weiß wie lang er geht, Bis dass die Freiheit aufersteht, Und wo dein Vater liegt, mein Schatz, Da hat noch mancher Preuße Platz! Schrei, mein Kindlein, schrei’s, Dort draußen liegt der Preuß! Franz X. Vollmer, a.a.O., S. 179 f. 9 Standtrechtliche Erschießung eines Schwarzwälders. Ölskizze (35,5 x 29,2 cm) von Johann Baptist Kirner, 1849. Kirner zählte als badischer Hofmaler zur antirevolutionären Seite. ●Exkursionstipp ➜ Erinnerungsstätte für die Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte, Rastatt (www.erinnerungsstaedterastatt.de) 5 10 15 4753_065_080 03.11.16 07:40 Seite 77 Nu r z u Pr üf zw c en Ei g um d s C .C .B uc hn er V er la gs | |
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