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Arbeitswelt und Wirtschaftspolitik Die Deutsche Arbeitsfront Arbeitnehmerund Arbeitgeberverbände wurden im nationalsozialistischen Deutschland „gleichgeschaltet“. Um das eigene Überleben zu sichern, distanzierten sich die Gewerkschaften im März 1933 von der SPD und gelobten, sich künftig auf die Erfüllung sozialer Aufgaben zu beschränken. Die Mitarbeit im neuen Staat schien gesichert, als die Regierung den 1. Mai, den Tag der internationalen Arbeiterbewegung, zum gesetzlichen Feiertag erklärte. Doch bereits weniger als 24 Stunden nach den gemeinsam begangenen Großveranstaltungen besetzten parteieigene Kommandotrupps, vorwiegend SA und SS, Büros und Häuser der Freien Gewerkschaften und nahmen die führenden Funktionäre in „Schutzhaft“. Liberale und christliche Gewerkschaften unterstellten sich daraufhin der Hitlerpartei. Alle Arbeitnehmervereinigungen wurden in die am 10. Mai gegründete Deutsche Arbeitsfront (DAF) überführt. 1934 waren in dieser Einrichtung 21 Millionen Arbeiter und Angestellte organisiert. Aufgaben der DAF waren vor allem die allgemeine Betreuung und die weltanschauliche Schulung der Mitglieder. Auf Löhne und Arbeitszeit hatte die Organisation keinen Einfl uss. Nachdem auch die Unternehmer verbände unter nationalsozialistische Leitung gestellt worden waren, wurde die DAF im November 1933 in eine Vereinigung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern umorganisiert. Streik und Aussperrung waren verboten (u M1). Interessenkonfl ikte durften die Wirtschaftsverbände nicht mehr im Rahmen ihrer Tarifautonomie regeln – dies übernahm ein vom Regime bestellter „Treuhänder der Arbeit“. Soziale Errungenschaften? Auf der einen Seite waren die Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer, der „Gefolgschaft“, entfallen. Auf der anderen Seite erhielten die Arbeitnehmer mehr, als die Gewerkschaften bis 1933 erstritten hatten: Gewährung von Kündigungsschutz, Verlängerung des bezahlten Urlaubs (von ursprünglich drei auf sechs bis zwölf Tage), verbesserte Sozialleistungen der Unternehmen. Als fortschrittlich empfundene Neuerungen verwirklichte die DAF auch aus den Geldern der enteigneten Gewerkschaften. Ihre Unterorganisation Kraft durch Freude (KdF) wollte das Arbeitsleben in vielerlei Hinsicht angenehmer gestalten. Belegschaftsräume in den Betrieben wurden verbessert, Kantinenessen, Filme und Theatervorstellungen konnten verbilligt angeboten werden. Für den Massentourismus bereitgestellte Erholungsmöglichkeiten, Sonderzug-, sogar Schiffsreisen verwirklichten lang gehegte Urlaubsträume – vor allem jedoch für verdiente Parteigenossen, zu einem geringen Teil auch für Arbeiter. Der von einem der DAF gehörenden Werk gebaute Volkswagen* sollte zum Preis von 990 Reichsmark auch für den „kleinen Mann“ erschwinglich sein. Alle diese Vergünstigungen sollten die Arbeiterschaft für das neue Regime einnehmen. Auch auf dem Bildungssektor sollte gemäß Hitlers Willen mehr Gleichheit bei der Verteilung der Zukunftschancen herrschen. Nationalpolitische Erziehungsanstalten und Adolf-Hitler-Schulen, denen Schülerheime angeschlossen waren, hatten die Aufgabe, die körperliche Ertüchtigung und die ideologische Indoktrinierung nachhaltig zu fördern. Ziel war nicht eine wissenschaftliche Ausbildung, sondern die Heranbildung einer gesinnungstreuen Elite. Die Eltern mussten in diesen Institutionen kein Schulgeld entrichten. Ab Oktober 1942 konnte jeder Geeignete, unabhängig vom Schulabschluss, die Offi zierslaufbahn einschlagen. i Nationalsozialistischer Druck. p Erörtern Sie die gesellschaftliche Utopie, die hier entworfen wird. Wie „modern“ ist die skizzierte Wirtschaftswelt? p Analysieren Sie das Verhältnis zu „Heimat und Boden“, das sich hier spiegelt. Nehmen Sie unter umwelt geschichtlichen Gesichtspunkten dazu Stellung. * Siehe dazu die Abbildung auf S. 106. 117Arbeitswelt und Wirtschaftspolitik Nu r z u P üf zw ec ke n E ge nt um d s C .C .B uc hn er V er la gs | |
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