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89Politische Plakate analysieren Formale Kennzeichen Das Wahlplakat wurde 1930 von der SPD in Auftrag gegeben. Der Grafi ker ist Karl Geiss aus München, der mehrere Plakate für die SPD gestaltete. Plakatinhalt Das Plakat (Format: 112 x 79,4 cm) zeigt die „Feinde der Demokratie“ in dreifacher Personifi zierung: Den Hauptteil füllt ein schwarz gezeichneter Mann; Schirmmütze und Hakenkreuz identifi zieren ihn als Mitglied der SA. In seiner linken Faust hält er einen Dolch, der die Gewaltbereitschaft des politischen Gegners verdeutlichen und auf die „Dolchstoßlegende“ anspielt. Die Oberste Heeresleitung hatte sie 1918 verbreitet, um die Schuld an der deutschen Niederlage im Ersten Weltkrieg auf die revolutionären Ereignisse in der Heimat und vor allem die Sozialdemokratie zu schieben. Die rechte Hand des Mannes ist nach dem Betrachter ausgestreckt, den er anzubrüllen scheint. Die schemenhaft umrissene Figur links hinten trägt eine Kappe mit rotem Stern, was sie als Kommunisten zu erkennen gibt. Rechts ragt ein Totenkopf mit Reichswehrhelm und Bajonett hervor, wohl eine Allegorie auf die Gefahr des nationalistischen Militarismus oder die Toten des Ersten Weltkrieges. Die Schriftzüge bestehen aus Großbuchstaben und nennen das Motto: Die „Feinde der Demokratie“ sollen beseitigt („Hinweg damit!“) und die Republik gerettet werden. Die Farbgebung Schwarz-Rot-Gold steht für die Nationalfarben und für die demokratischen Kräfte; Rot ist zudem die Farbe der Sozialdemokratie. Historischer Kontext Anlass für die Veröffentlichung des Wahlplakats war die Reichstagswahl vom 14. September 1930. Es wendet sich gegen die politischen Gegner der SPD von rechts und links, die auch die Republik seit ihrer Gründung bekämpften. Vor allem die Parteien der extremen Rechten, DNVP und NSDAP, nutzten die „Dolchstoßlegende“ zur hasserfüllten Agitation gegen die politischen Vertreter der Weimarer Republik. 1930 hatte sich durch Wirtschaftskrise und Arbeitslosigkeit die parteipolitische Landschaft geändert. Während die liberalen Parteien DDP und DVP immer mehr Anhänger verloren, gewannen NSDAP und KPD von der Republik enttäuschte Wähler hinzu. Mit dem Rücktritt der letzten sozialdemokratisch geführten Regierung im März 1930 entfi el die Hauptstütze der Weimarer Demokratie. Die SPD kämpfte daher für einen deutlichen Wahlsieg und gegen die extremen Flügelparteien, um wieder eine regierungsfähige Mehrheit im Parlament bilden zu können. Intention und Wirkung Die SPD will die von den linksund rechts extremen Parteien ausgehende Gefahr für Demokratie und Republik veranschaulichen, indem sie die Bedrohung aus Gewalt, Terror, Angst und Tod beschwört. Die politischen Gegner sollen als Lügner und Geschichtsklitterer (vgl. das Plakat auf Seite 57) entlarvt werden. Der Appell „Hinweg damit!“ verstärkt, was das Feindbild nahe legt. Zugleich wirbt das „Rettungsversprechen“ für die eigene Partei: Die SPD will die „Feinde der Demokratie“ nicht durch Gewalt, sondern mit demokratischen Mitteln beseitigen. Bewertung und Fazit Das Plakat war 1930 überall in Deutschland verbreitet. Die Bedrohung wird durch ideenreiche Gestaltung, starke Farben und markante Zeichnung, schlagkräftige Slogans, bekannte Symbole und Stereotypen eindrucksvoll und verständlich in Szene gesetzt. Seinen eigentlichen Zweck hat das Plakat jedoch verfehlt. Bei der Reichstagswahl von 1930 verlor die SPD fast drei Prozent der Stimmen, blieb aber stärkste Partei. Die KPD gewann 2,5 Prozent Stimmenanteil, die NSDAP stieg mit 18,2 Prozent sogar zur zweitstärksten Partei auf. Nu r z u Pr üf zw ck n Ei g nt um es C .C .B uc hn er V er la gs | |
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