Volltext anzeigen | |
Die EU – auf dem Weg zu einem eigenständigen Staat?M 3 Der Vertrag von Lissabon, der am 1.12.2009 in Kraft trat, übernahm inhaltlich die wesentlichen Elemente des ursprünglichen EU-Verfassungsvertrages, der 2005 an Volksabstimmungen in Frankreich und in den Niederlanden gescheitert war. Dennoch oder gerade deswegen stellt sich die Frage, ob es sich bei der EU nicht bereits um einen eigenständigen Staat handelt oder ob sie lediglich einen Staatenverbund darstellt. Durch die Schaff ung der drei politischen Gewalten Exekutive, Legislative und Judika tive könnte ein demokratischer Rechtsstaat entstanden sein. Alle drei Gewalten sind in der EU vorhanden: Mit der Kommission verfügt die EU über eine Art eigene Regierung, mit dem Europäischen Parlament über eine direkt gewählte Volksvertretung und mit dem Europäischen Rat über eine Art Ländervertretung ähnlich dem Deutschen Bundesrat. Der Europäische Gerichtshof stellt schließlich die richterliche Gewalt dar. Seit der Gründung der Europäischen Wirtschaft sgemeinschaft (EWG) im Jahr 1958 betreiben die Mitgliedsstaaten eine gemeinsame Wirtschaft spolitik. Mit der Initiierung der Europäischen Politischen Zusammen arbeit (EPZ) 1970 gehen die Mitgliedstaaten auch einer Art gemeinsamer Außenpolitik nach. Spätestens seit 1992 wurden Kopenhagener Kriterien Voraussetzungen für eine Aufnahme von Staaten in die EU: politische Kriterien: stabile demokratische und rechtsstaatliche Ordnung, die Wahrung der Menschenrechte sowie der Schutz der Minderheiten wirtschaftliche Kriterien: funktionstüchtige Marktwirtschaft, die dem Wettbewerbsdruck des Europäischen Binnenmarktes standhalten kann rechtliche Kriterien: Ziele der politischen Union sowie der Wirtschaftsund Währungsunion zu Eigen machen und sämtliche Rechte und Pflichten der EU übernehmen durch den Vertrag von Maastricht Zuständigkeiten nichtwirtschaft licher Politik fest auf die Europäische Union übertragen. Seitdem kann auch von einer Art gemeinsamen Innenpolitik gesprochen werden. Deutschland kann daher in vielen Politikbereichen nicht mehr autonom entscheiden. Als Argument gegen einen eigenständigen Staat kann hingegen ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes herangezogen werden. In seinem Urteil vom 30.6.2009 heißt es u. a.: „Die europäische Vereinigung auf der Grundlage einer Vertragsunion souveräner Staaten darf nicht so verwirklicht werden, dass in den Mitgliedstaaten kein ausreichender Raum zur politischen Gestaltung der wirtschaft lichen, kulturellen und sozialen Lebensverhältnisse mehr bleibt. Dies gilt insbesondere für Sachbereiche, die die Lebensumstände der Bürger, vor allem ihren von den Grundrechten geschützten privaten Raum der Eigenverantwortung und der persönlichen und sozialen Sicherheit prägen, sowie für solche politischen Entscheidungen, die in besonderer Weise auf kulturelle, historische und sprachliche Vorverständnisse angewiesen sind, und die sich im parteipolitisch und parlamentarisch organisierten Raum einer politischen Öff entlichkeit diskursiv entfalten.“ Aufgaben Beschreibe die Ziele der europäischen Zusammenarbeit vor 1950. (M1) Begründe, welche Ziele mit der Zusammenlegung der Kohleund Stahlindustrie verfolgt wurden. (M2) Recherchiere im Internet die wichtigsten Verträge der europäischen Integration und beschreibe jeweils die wesentlichen Vertragsbestandteile. Erstellt mithilfe einer Internet-Recherche eine Übersicht über die aktuellen EU-Beitrittskandidaten und diskutiert in Gruppen an einem ausgewählten Land, ob dieses eurer Meinung nach die Kopenhagener Kriterien erfüllt. Vergleicht in eurer Gruppe den Aufbau der Bundesrepublik Deutschland und der EU als föderaler Staat. Diskutiert, ob es sich eurer Meinung nach bei der EU schon um einen souveränen Staat handelt. (M3) 1. 2. 3. 4. 5. 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 177 82007_1_1_2015_172_197_Kapitel7.indd 177 15.05.15 11:58 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um es C .C .B u hn er V er la gs | |
![]() « | ![]() » |
» Zur Flash-Version des Livebooks |