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Formale Kennzeichen Das 378,5 x 647,7 cm große Monumentalgemälde entstand 1850/51 in Düsseldorf und ist heute im Besitz des Metropolitan Museum of Art in New York. Geschaf fen hat es Emanuel Gottlieb Leutze (1816 1868), der 1825 mit seinen Eltern aus Schwäbisch-Gmünd nach Philadelphia kam und dort zum Porträtmaler ausgebildet wurde. 1841 ging der 25-jährige Leutze zu Studienzwecken an die Akademie nach Düsseldorf. Er blieb mit Unterbrechungen bis 1859 in der rheinischen Kunstmetropole, in der damals viele amerikanische Kunstmaler lebten. Das Historiengemälde „Washington Crossing the Delaware“ – der Titel stammt vom Künstler – machte Leutze zu einem der berühmtesten Maler des 19. Jahrhunderts in den Vereinigten Staaten und in Deutschland. Ob er es in einem bestimmten Auftrag oder aus eigenem Antrieb malte, ist bis heute ungewiss. Möglicherweise wollte er sich damit für die Ausmalung des Washingtoner Kapitols empfehlen. Bildinhalt Das Bild zeigt im Vordergrund ein Boot mit zwölf Männern, das durch die Eisschollen eines Flusses gerudert wird. Im Hintergrund der rechten Bildhälfte sind weitere Kähne mit Soldaten, Pferden und Waffen zu erkennen. Links von der Mitte des Gemäldes steht in der aufgehenden Sonne aufrecht ein General: George Washington, der Oberbefehlshaber der aufständischen Truppen im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg. Hinter ihm, in der Mitte des Bildes, fl attert im Wind das Sternenbanner, gehalten von zwei Personen und umringt von den übrigen Insassen des Bootes. Sie sind alle durch unterschiedliche Kleidung, Mimik und Gestik individuell gestaltet. Historischer Kontext Leutze erinnert mit dem Historiengemälde an eine Episode des Unabhängigkeitskampfes. Am späten Nachmittag des 25. Dezember 1776 verließ General Washington mit einer Truppe von 3 500 Mann, darunter Sklaven und freie Schwarze, die Westküste von New Jersey, überquerte am folgenden Morgen um etwa vier Uhr den Delaware-Strom und siegte danach über die vor Trenton lagernden britischen Einheiten. Der Sieg entschied den Unabhängigkeitskrieg nicht. Es dauerte noch vier Jahre, bis die Briten bei Yorktown endgültig aufgaben, und weitere zwei Jahre, bis die Unabhängigkeit der USA 1783 im Frieden von Versailles anerkannt wurde. Intention und Wirkung Das Bild erzählt die schicksalhafte Überquerung des Delaware vom Ende her. Der erfolgreiche Ausgang der Überquerung soll die erschöpften und niedergeschlagenen Truppen angespornt haben, den Unabhängigkeitskampf fortzusetzen. Um dies deutlich zu machen, dramatisierte Leutze das Geschehen. Er malte den Fluss breiter und vereister, als er war, und ein Sternenbanner, das erst 1777 zur amerikanischen Flagge wurde. In das Boot nahm er nicht zufällig zwölf Amerikaner auf, denn die Zahl zwölf steht symbolisch für Vollkommenheit und erinnert z. B. an die zwölf Apostel. Denkbar ist aber auch, dass Leutze damit die zwölf Kolonien symbolisieren wollte, die am 4. Juli 1776 die Unabhängigkeitserklärung angenommen hatten (New York hatte sich enthalten). Nicht grundlos lässt der Künstler auch das Morgenlicht auf den zielstrebigen Washington und die fl atternde Fahne fallen, obwohl die Sonne im Dezember um vier Uhr morgens noch nicht scheint. Die Botschaft des Bildes lautet: Wer für Freiheit und Unabhängigkeit kämpft, wird nicht untergehen. Leutzes Gemälde wurde 1851 in Deutschland und den USA gezeigt. Überall wurde es enthusiastisch aufgenommen. Für manchen deutschen Betrachter drückte es nach der gescheiterten Revolution von 1848/49 wohl den Wunsch nach einer Republik mit einem starken Freiheitshelden aus. In Amerika wurde das Gemälde zur Ikone des nationalen Selbstbewusstseins. Noch heute hängen Drucke davon in fast jeder Amtsstube und jedes Kind lernt es spätestens in der Schule kennen. 103 7316_1_1_2015_080-107_Krisen_Revolutionen.indd 103 05.05.15 13:01 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C . B uc hn er V er la gs | |
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