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107Theorie-Baustein: Modernisierung Kompetenz: Ursachen, Erscheinungsformen und Dauer von Verände rungs prozessen beschreiben, analysieren und beur teilen Was sind Modernisierungen? Modernisierung steht für Fortschritt. In den Sozialwissenschaften, zu denen die Geschichte gehört, bezeichnet sie eine bestimmte Form des sozialen, wirtschaftlichen, gesellschaft lichen und kulturellen Wandels. Die Entwicklung von der traditionellen Agrarzur Industrieund dann zur Dienstleistungsgesellschaft gilt als ein Modernisierungsprozess. Auch der Weg von der Adelsherrschaft zur Demokratie ist ein solcher Prozess. Dabei zeigt sich meist ein widersprüchliches Bild aus althergebrachten dauerhaften Strukturen, aus Rückschritten und modern wirkendem Wandel. Modernisierung kann das Ergebnis einer bewusst geplanten Politik sein oder sie ergibt sich indirekt. Grundsätzlich verläuft sie nicht kontinuierlich und harmonisch. Sie ist mit Krisen, Umbrüchen und Revolutionen verbunden.1 Historiker untersuchen die Geschichte bestimmter Entwicklungen, um die Faktoren herauszufi nden, die gesellschaftlichen Wandel lenken, fördern oder behindern. Sie analysieren auch die Folgen der Modernisierung. Ihre Überlegungen fassen sie in Theorien zusammen. Kritik entzündet sich an den Modernisierungstheorien vor allem dann, wenn sie • ausgesuchte Prozesse isoliert beschreiben, • die Modernisierung unkritisch bewerten und • Wechselbeziehungen zwischen Tradition und Moderne ausblenden. 1 Siehe dazu die Theorie-Bausteine „Krise“ (Seite 20 bis 22) und „Revolution“ (Seite 104 bis 106). M1 Traditional – Modern Hans-Ulrich Wehler lehrt von 1971 bis 1996 an der Universität Bielefeld Geschichte (siehe auch Seite 356). Er hat 1975 folgenden Katalog von Begriffen zusammengestellt, um seine modernisierungstheoretischen Vorstellungen anschaulich zu machen: Traditional Modern Alphabetismus1 gering hoch Berufe einfach, stabil ausdifferenziert, wechselnd Soziale Bewegung stabil mobil Soziale Differenzierung gering hoch Einkommen niedrig, große Unterschiede hoch, tendenzielle Angleichung Familie Dominanz großer Primärgruppe Kernfamilie, konkurrierender Gruppeneinfl uss Herrschaft lokal, personal zentralistisch, anonym Kommunikation personal Medien Konfl ikte offen, disruptiv2 institutionalisiert, eingehegt Soziale Kontrolle direkt, personal indirekt, bürokratisch Lebenserwartung gering hoch Mobilität gering hoch R 1 Alphabetismus: Fähigkeit, lesen und schreiben zu können 2 disruptiv: störend 32017_1_1_2016_Kap1_082-113.indd 107 04.05.16 10:37 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C . B uc hn er V er la gs | |
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