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117Mit Material arbeiten M2 Wer sorgt für die Invaliden? Über die Unfallgefahren und den fehlenden Ver sicherungsschutz berichtet folgender Artikel des „Boten vom Niederrhein“ vom 12. Januar 1866: Gestern wurde uns ein Schreiben eines Arbeiters überbracht, in wel chem mehrere Fälle zusammen gestellt sind, die beweisen, wie schlecht bis jetzt für die Invaliden der Arbeit gesorgt wird […]. 1. Ein Arbeiter, welcher in einer Fabrik eine Reihe von Jahren gearbeitet hat, ist jetzt über ein halbes Jahr krank. Dieser Mann erhält aus der städtischen Lade* kein Geld mehr, Doktor und Apotheker sind ihm von der Fabrik verweigert und seine Kameraden legen wöchentlich einen Betrag zusammen, damit er nicht vor Hunger und Elend umkommt […]. 2. In einer Fabrik befinden sich Kessel mit einer Lauge von 80 Grad Hitze, über welche ein Gangbrett geht. Ein Arbeiter, der über dieses Brett muss, gleitet aus und fällt mit einem Bein in die heiße Lauge. Er kommt ins Krankenhaus, und die Kosten, welche dadurch erwachsen, werden ihm später mit monatlich 5 Silbergroschen von seinem verdienten Lohne abgehalten […]. Es ist in neuerer Zeit mehrfach ausgesprochen worden, dass die Fabrikanten durch ein Gesetz gezwungen werden müssten, für ihre Invaliden ausreichend zu sorgen. Andere haben gemeint, der Staat müsste dies tun. Hartmut Pietsch, Industrialisierung und soziale Frage in Duisburg. Quellen und Materialien zur Geschichte und Entwicklung der Stadt Duisburg, Bd. 1, Duisburg 1982, S. 63 *Lade: Unterstützungskasse 1. Fasse zusammen, welche Folgen Krankheit und Arbeitsunfähigkeit für Arbeiter hatten (M2 und M4). 2. Erläutere, warum für Krankheit, Unfall und Rente der Arbeitnehmer keine freiwillige, sondern eine gesetzliche Lösung gesucht wurde (M3). 3. Die Bismarck’schen Sozialgesetze wurden Ausgangspunkt für unsere Kranken-, Unfallund Rentenver sicherung. Erkundige dich, welche Versicherungen für Arbeitnehmer bis heute dazugekommen sind. M1 Unfall in einer Maschinenfabrik. Holzstich (32,4 x 48 cm) von Johann Bahr, 1889. Das Bild wurde auf einer Unfallverhütungsausstellung in Berlin gezeigt. 5 10 15 M4 Nebenwirkungen Ein ehemaliges Mitglied des Vorstandes der Landesversicherungsanstalt schreibt: Man muss zugeben, dass die Renten in der Regel die Kosten des Lebensunterhalts nicht deckten. Namentlich war das in den Städten der Fall. Dagegen zeigte sich aber auf dem Lande, wo in erheblichem Umfang Naturalwirtschaft herrschte und es an barem Gelde oft fehlte, dass die Renten im Lebensunterhalt eine große Rolle spielten. Die Alten und Invaliden, die höchstens durch kleine Handreichungen und die Aufsicht über die Kinder ihren Ange hörigen noch nützlich sein konnten und deshalb für ihre Angehörigen oft eine unerwünschte Last bildeten, gewannen gewaltig an Ansehen und Liebe, wenn sie allmonatlich einen nicht unerheblichen Barbetrag in die Haushaltskasse legen konnten. Zentralblatt für Reichsversicherung und Reichs versorgung, Nr. 19/20, Oktober 1940, S. 181 5 10 15 M3 Die Sozialversicherung im Kai ser reich Versicherungsart Beiträge Leistungen Krankenversicherung 1883 2-3% des Lohns, davon ärztliche Behandlung und für gewerbliche 2/3 vom Versicherten, Medizin, Krankenhaus kosten; Arbeiter und 1/3 vom Arbeitgeber nach zweitägiger Wartezeit (freiwillig ab 1892) Krankengeld (50% des Angehörige Durchschnittslohns, max. 2 Mark/Tag) Unfallversicherung 1884 als Haftpflicht Heilungskosten; bei Erwerbsfür gewerbliche Arbeiter vom Arbeitgeber un fähigkeit 2/3 des Einzu zahlen kommens, 20% für Witwen Invalidenund Altersversicherung 1889 1% (ab 1900 1,5-3%) Invalidenrente bei Erwerbsfür gewerbliche Arbeiter des Lohns; je zur un fähigkeit; und Landarbeiter Hälfte von Altersrente ab dem (ab 1911 auch für Arbeitnehmer und 70. Lebensjahr und nach 30 Familienangehörige) Arbeitgeber (ab 1900: 24) Beitragsjahren Nach: Rainer Bölling/Johann Henseler (Hrsg.), Das deutsche Kaiserreich 1871-1918, Freiburg 1986, S. 47 f. 4453_109_129 06.06.14 11:28 Seite 117 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C . B uc h er V er la gs | |
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