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125Mit Material arbeiten M4 Bildung und Beruf für Frauen In dem Programm des „Allgemeinen Deutschen Frauenvereins“ von 1905 heißt es: I. Bildung. […] Im Einzelnen stellt sie [die Frauen bewegung] folgende Forderungen: a) obligatorische* Fortbildungsschulen für alle aus der Volksschule entlassenen Mäd chen; b) eine Reorganisation der höheren Mäd chen schule, durch welche diese […] den höheren Knabenschulen gleichwertig wird […]; c) unbeschränkte Zulassung ordnungs gemäß vorgebildeter Frauen zu allen wissenschaftlichen, technischen und künstlerischen Hochschulen. II. Berufstätigkeit. Die Frauenbewegung betrachtet für die verheiratete Frau den in der Ehe und Mutter schaft beschlossen Pflichtenkreis als ersten und nächstliegenden Beruf […]. In Anbetracht der großen Zahl von Frauen, die unverheiratet bleiben, und der weiteren Zahl derer, die in der Ehe keine ausreichende wirtschaftliche Versorgung finden können, ist die Berufsarbeit der Frau eine wirtschaftliche und sitt liche Notwendigkeit. Die Frauenbewegung betrachtet die berufliche Frauen arbeit aber auch […] als Kulturwert, da auch die Frau Träger hervorragender spezifischer Begabung sein kann […]. In Bezug auf die wirtschaftliche Bewertung vertritt die Frauenbewegung den Grundsatz: Gleicher Lohn für gleiche Leis tung. Gerhard A. Ritter/Jürgen Kocka (Hrsg.), Deutsche Sozial geschichte. Dokumente und Skizzen, Bd. 2: 1870-1914, München 31982, S. 422 f. *obligatorisch: verpflichtend 1. Untersucht die Aussagen von Louise Otto-Peters (M1) und Helene Lange (M2) und leitet daraus politische Forderungen ab. 2. Eine Schule beantragt, den Namen Otto-Peters’ zu erhalten. Verfasse dazu eine Rede, in der du den Antrag begründest. 3. Verfasse Entgegnungen zu den Aus sagen der Professoren (M3). 4. Untersuche, welche Auffassung von der Berufstätigkeit der Frau in M4 vertreten wird. Formuliere eine Kritik aus heutiger Sicht. 5 10 15 20 25 30 M2 Bildung um ihrer selbst willen Helene Lange prägt die bürgerliche Frauenbewegung: sie schreibt 1881: Solange die Frau nicht um ihrer selbst willen, als Mensch und zum Menschen schlecht weg gebildet wird, solange sie […] in Deutsch land nur des Mannes wegen erzogen werden soll, solange konsequenterweise die geistig unselbstständigste Frau die beste ist […], so lange wird es mit der deutschen Frauenbildung nicht anders werden. Das wird nun vielen Männern als kein großer Schaden erscheinen, wenn nur ihr Be hagen dabei gesichert ist […]. Nicht Männer, sondern Frauen sind in erster Stelle zur Bildung und Erziehung von Mädchen berufen; taugen die Frauen dazu noch nicht, so mache man sie tauglich. Elke Frederiksen (Hrsg.), Die Frauenfrage in Deutschland 1865-1915. Texte und Dokumente, Stuttgart 1981, S. 212 und 222 5 10 15 M3 Gegen das Frauenstudium 1895 werden über 100 deutsche Professoren gefragt, was sie von einem Frauenstudium halten. Auszüge aus den Zuschriften: Unsere Universitäten sind Männeruni versitäten und in ihrem ganzen inneren Leben dem männlichen Geiste angepasst. Otto Gierke, Jurist Amazonen sind auch auf geistigem Gebiet naturwidrig. Max Planck, Physiker Der Frauen höchstes Ziel muss der häus liche Herd, das Familienheim bleiben, soll anders die Weltordnung nicht verdorben werden. Franz Reigel, Mediziner Dass das weibliche Geschlecht in Bezug auf geistige Produktivität durchschnittlich weniger gut veranlagt ist als das männliche, darüber kann kaum ein Zweifel bestehen. Emmanuel Mendel, Psychiater Frauenstudium auf den Universitäten scheint mir ein entbehrlicher Luxus von fraglichem Wert zu sein. Georg Busolt, Historiker Nach: Brigitte Löhr (Hrsg.), Frauen in der Geschichte. Grundlagen – Anregungen – Materialien für den Unterricht, Bd. 1, Tübingen 1993, S. 158 ff. M1 „An die Leserinnen“ 1865 schreibt Louise Otto-Peters in einem Zeitungsartikel: Die Staatsökonomie hat es nachgewiesen, dass dem Staate dadurch, dass der größere Teil der zu ihm gehörigen Frauen […] keine produktive Arbeit verrichtet, ein ungeheures Kapital von Arbeitskraft verloren geht, durch dessen Benutzung der Nationalwohlstand sich heben würde; aber ganz abgesehen von dem, […] lehrt es die Erfahrung des Alltagslebens, dass es dem weitaus größeren Teil der Männer – der Ehe männer und Väter – nicht mehr möglich ist, die weiblichen Mitglieder ihrer Familie allein zu ernähren; dass aus eben diesem Grund viele Männer gar nicht heiraten und dass unverheiratet bleibende Frauen und Witwen darauf angewiesen sind, ihr tägliches Brot sich selbst zu verdienen und oft auch noch das für alte Eltern und Kinder. […] Diese Notwendigkeit […] ist durchaus kein Unglück: Das Unglück liegt allein darin, dass ihnen bisher so wenig Wege offen standen, dies zu tun, und dass man sie nicht auf einen bestimmten Beruf vorbereitet, ihnen überhaupt fast alle diejenigen Gelegenheiten, sich ausoder fortzubilden, entzieht, die man Knaben und Männern bietet. […] In dem Vorwort zur ersten Ausgabe der Frauenzeitschrift „Neue Bahnen“ schreibt Louise Otto-Peters 1866: Die Frauen […] sind aus ihrer Gesondertheit herausgetreten und haben sich zu einem großen Bunde vereinigt, weil nur durch Vereinigung ein allen gemeinsames Ziel zu erreichen ist. Wir wollen […] nicht am Gängelbande irgendeiner politischen Partei auf vorgeschriebenen Pfaden für unsere Rechte in die Schranken treten – wir wollen allein […] im Dienste […] echter Weiblichkeit die neuen Bahnen einschlagen, die den deutschen Frauen des neunzehnten Jahrhunderts zu wandeln ziemen. Ruth-Ellen Boetcher Joeres, Die Anfänge der deutschen Frauenbewegung: Louise Otto-Peters, Frankfurt a. M. 1983, S. 183 und 195 5 10 15 20 25 30 35 40 4453_109_129 06.06.14 11:28 Seite 125 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge tu m d es C .C . B ch r V er la gs | |
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