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5 10 15 20 M1 Unabhängigkeit oder politische Kontrolle der Zentralbanken? Ausgefeilte monetäre Strategien und ein ausgebautes Instrumentarium für die monetäre Steuerung garantieren nicht, dass die Geldpolitik das Beste für die Geldwirtschaft herausholt. Es kommt drauf an, wer das Kommando über die Geldpolitik führt und welche Motivationen er hat. In manchen Ländern unterliegt die Zentralbank den Weisungen der Regierung. In anderen Ländern ist sie von Weisungen der Regierung unabhängig (…). Es versteht sich von selbst, dass Zentralbanker gemeinhin die Unabhängigkeit vorziehen, gibt ihnen das doch wirtschaftspolitische Macht. Doch gibt es gegen die Unabhängigkeit auch politische Bedenken: Obwohl eine unabhängige Zentralbank beträchtliche wirtschaftspolitische Macht ausübt, unterliegt sie keiner Kontrolle durch den Wähler. Parlament und Regierung müssen sich hingegen alle vier Jahre um ein neues Mandat bemühen. Vom Standpunkt demokratischer Kontrolle müsste auch die Zentralbank dem Wählervotum unterliegen. Dies könnte indirekt erreicht werden, indem die Zentralbank an Weisungen der Regierung, auf die der Wähler einwirkt, gebunden wird. Die Regierung besitzt Verfügungsmacht über Militär und Polizei. Da ist es nicht einzusehen, warum sie nicht auch über das harmlosere Mittel der Geldpolitik verfügen sollte (…). Sieht man es unter dem Blickwinkel der Geldwertstabilität, spricht alles für die Unabhängigkeit. Der Kampf um die Geldwertstabilität verläuft nicht schmerzfrei (…). Wenn eine Notenbank aus einer Phase hoher Preissteigerungen heraus Restriktionen betreibt, kommt es gewöhnlich zu einer kritischen Entwicklung bei Produktion und Beschäftigung. Die Betroff enen argumentieren wortreich, dass die restriktive Geldpolitik zur Unzeit kommt, überzogen ist und dass sie daher unterbleiben soll. Das ist das Problem: Zwar ist die Geldwertstabilität populär, aber die Geldpolitik, die diesem Ziel dient, ist es in der Regel nicht. Die stabilitätsorientierte Zentralbank eckt häufi g an. Sie kann ihren stabilitätspolitischen Auftrag nicht erfüllen, wenn sie sich dem üblichen politischen Prozess unterwerfen muss, der von Rücksichtnahme auf den Wähler und von politischen Kompromissen geprägt ist. Das Ziel der Geldwertstabilität würde tendenziell relativiert. Rüdiger Pohl, Geld und Währung, Mannheim 1993, S. 99 f. Kompetent in Wirtschaft & Recht erweitern – vertiefen – anwenden Die Unabhängigkeit des ESZB Entscheidend für die stabilitätsorientierte Ausrichtung der europäischen Geldpolitik ist die politische Unabhängigkeit des Eurosystems. Sie ist in den Artikeln 130 und 282 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verankert. Danach dürfen weder die EZB noch eine nationale Zentralbank Weisungen von politischen Instanzen einholen oder entgegennehmen. Die Unabhängigkeit manifestiert sich im institutionellen, operativen und personellen Bereich. Die institutionelle Unabhängigkeit wird dadurch erreicht, dass die im EZB-Rat vertretenen nationalen Zentralbanken selbst unabhängig sind. Die operative Unabhängigkeit wird dadurch deutlich, dass die EZB freie Hand bei der Festlegung der Strategie, der Auswahl und dem Einsatz der geldpolitischen Instrumente hat. Lange Amtszeiten für die Mitglieder des EZB-Rates (8 Jahre), ohne die Möglichkeit einer Wiederwahl, garantieren die personelle Unabhängigkeit. 25 30 35 40 45 532.2 Das Europäische System der Zentralbanken Nu r z ur P rü fzw ec ke n Ei g nt um d s C .C .B uc hn er V er la gs | |
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