Volltext anzeigen | |
187Verteilungskonfl ikte: die Aufnahme von Flüchtlingen und Vertriebenen Schwierige Wohnund Lebensbedingungen Spannungen und Konfl ikte zwischen Einheimischen und Flüchtlingen resultierten zunächst zumeist aus der Unterkunftsfrage. Gab es keine freiwillige Abgabe von Wohnraum, reagierten deutsche und westalliierte Dienststellen – im Laufe der Zeit immer öfter – mit Zwangseinweisungen. Häufi g wurden Dienstbotenoder Abstellkammern, Ställe oder andere Funktionsräume mit spartanischer Ausstattung provisorisch und primitiv als Unterkunft ganzer Familien hergerichtet („Notwohnungen“). Auseinandersetzungen zwischen Einheimischen und Zuwanderern waren vorprogrammiert: Allein im Jahre 1946 beschwerten sich beispielsweise in der Provinz Brandenburg mehr als 45 000 Flüchtlinge und Vertriebene schriftlich bei der zuständigen Behörde über alltägliche Konfl ikte mit Einheimischen. Zumeist ging es um Probleme der Wohnungsversorgung. Bei einer repräsentativen Umfrage in den Ländern der US-amerikanischen Besatzungszone äußerten 1949 insgesamt 61 Prozent der befragten Einheimischen, Flüchtlinge und Vertriebene seien „Störenfriede“ in ihrem unmittelbaren Umfeld, darunter 40 Prozent mit Hinweis auf wohnungsbedingte Schwierigkeiten. Verstärkt wurden diese Verteilungskonfl ikte durch vielfältige kulturelle Grenzziehungen und Auseinandersetzungen: Traditionen, Sitten, Gebräuche oder Handlungsmuster unterschieden sich, Katholiken trafen auf Protestanten, Stadtauf Landbewohner oder Angehörige deutscher Minderheiten aus Ost-, Ostmittelund Südosteuropa auf traditionsbewusste Einheimische. Verschärfend wirkten tief verankerte Vorurteile der Einheimischen gegen Menschen aus „dem Osten“, die auf die Flüchtlinge und Vertriebenen projiziert wurden (u M2). Vor allem mit dem Eintreffen der großen Vertriebenentransporte des Jahres 1946 erwies es sich als zunehmend schwieriger, Flüchtlinge und Vertriebene in privaten Haushalten unterzubringen. Seither wuchs die Zahl der Lagerbewohner. Überall entstanden neben den bereits bestehenden Erstaufnahme-, Durchgangsund Quarantäi Herkunftsgebiete der Flüchtlinge und Vertriebenen (Volks zählung 1950). Karte nach: Walter Bradatsch und Hansgeorg Loebel, Neue Heimat in Niedersachsen, Alfeld 1979, S. 52 p Analysieren Sie die Karte, indem Sie die dort aufgeführten quantitativen und territorialen Informationen in Form einer Tabelle darstellen. i Flüchtlinge auf dem Bahnhof von Hannover. Foto (Ausschnitt) von Wilhelm Hauschild aus dem Jahr 1946. Frauen und Kinder waren nach Flucht und Vertreibung oftmals auf sich allein gestellt. 32015_1_1_2015_Kap2_138-203.indd 187 01.04.15 10:12 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um de s C .C . B uc hn er V er la gs | |
![]() « | ![]() » |
» Zur Flash-Version des Livebooks |