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87Umgang mit Texten und Medien Lichterloh namens Popp und meine Mutter eine komische Puppe ohne Beine namens Mingel ist und dass sie außer mir noch zwei andere Kinder haben, von denen das eine eine alte Schachfigur und das andere ein eingeschrumpfter Luftballon ist. Diese ganze Familie halte ich in einer Schachtel in meinem Spielschrank versteckt, und wenn ich von der Schule nach Hause komme, hole ich sie heraus und setze sie auf ihre Plätze und dann gehe ich noch einmal auf den Korridor und tue so, als ob ich gerade eben erst heimkäme, und sobald ich das Zimmer betrete, bricht meine Familie in lautes, fröhliches Gelächter aus. Da ist ja auch unser Jüngster, sagt Popp, der im Lehnsessel liegt und ein freundliches Vollmondgesicht macht, und Mingel sagt, komm zu mir, mein Söhnchen, und streckt ihre Arme aus, aus denen das Sägemehl quillt. Wie war es heute auf der Prärie, fragt mein Bruder Harry, das Schachpferd aus Elefantenzahn. Und ich sage, zünftig, und fange an zu erzählen, wie viele wilde Mustangs ich mit dem Lasso gefangen habe, und mache es so spannend, dass meine Schwester Luzia, der Luftballon, vor Aufregung zu wackeln beginnt. Jetzt musst du aber etwas von dem guten Bärenschinken essen, sagt Mingel, und weil sie keine Beine hat, muss ich sie auf den Herd tragen, wo sie gleich anfängt im Topf zu rühren. Inzwischen gehe ich mit meinem Bruder auf den Balkon und zeige ihm die Mondrakete, die gerade über die Häuser fliegt, und wir machen eine Wette, ob sie heute endlich hinkommen oder wieder vorher ausglühen wird. Dann schreiben wir unsere Namen auf kleine Zettel, das heißt, dass wir uns freiwillig melden mit der nächsten Rakete auf den Mond zu fliegen. Diese Zettel verstecken wir unter einem Blumentopf, weil Popp und Mingel immer so besorgt um uns sind und so etwas gar nicht erlauben würden. Den ganzen Tag sitzen sie zu Hause und warten auf uns, und wenn wir vom Balkon hereinkommen, fragen sie gleich, ob es nicht neblig draußen sei und ob wir uns auch nicht erkältet hätten. Ach, woher denn, sagen wir mit ganz rauer Stimme, erkältet, und setzen uns an den Tisch und ich necke meine Schwester und sage, dass sie immer dünner wird und an Farbe verliert. Lass sie in Ruhe, sagt Popp, und dann überlegen wir uns, was wir jetzt machen wollen, und ich hole das Wettrennspiel aus dem Schrank. Bei diesem Wettrennspiel will Mingel immer das weiße Pferd haben, aber sie hat nie Glück mit den Würfeln und ich muss es manchmal durch etwas Mogeln so einrichten, dass sie auch einmal gewinnt. Popp ist es egal, ob er gewinnt oder nicht, er ist immer rund und guter Laune und sobald das Spiel zu Ende ist, rollt er in seinem Sessel herum und sagt, Mingel, wenn wir unsere Kinder nicht hätten. Und dann fängt Mingel ein bisschen an zu weinen, weil sie so rührselig ist, und Luzia muss sie trösten und mit ihr über die Weihnachtsplätzchen sprechen. So war das alle Tage, wenn ich von der Schule nach Hause gekommen bin, und man wird ja verstehen, dass ich da nicht auf den Hof wollte oder zu den Kindern im Parterre, die so frech sind und sich fortwährend streiten und zu jedem 115 120 125 130 135 140 145 150 N u r z P rü fz w e c k e n E ig n tu m d e s C .C . B u c h n r V e rl a g s | |
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