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Die Erfüllung aller Wünsche 61 alte Quatschkopf! Ich wurde wütend. Und als er sein weißwattiertes Großvatermündchen von Neuem aufmachen wollte, stieß ich zornzitternd hervor: ,Damit Sie alter Esel mich nicht länger duzen, nehme ich mir die Freiheit, meinen ersten und innigsten Wunsch auszusprechen: Scheren Sie sich zum Teufel!‘ Und weg war er! Wie fortgeweht. In der gleichen Sekunde. In nichts aufgelöst. Mir wurde ganz übel vor lauter Schreck. Die Sache mit den Wünschen schien zu stimmen. Und wenn der erste Wunsch sich erfüllt hatte, dann war der gute, liebe, brave Großpapa, wer er nun auch sein mochte, beim Teufel! Dann war er in der Hölle! Was sollte ich machen? Der alte Mann musste wieder her, ob’s nun eine Hölle gab oder nicht. Ich musste meinen zweiten Wunsch dransetzen, den zweiten von dreien, o ich Ochse! Ich schloss die Augen und flüsterte ängstlich: ,Ich wünsche mir, dass der alte Mann wieder neben mir sitzt.‘ In der nämlichen Sekunde war er wieder da. Er blickte mich vorwurfsvoll an und sagte gekränkt: ,Hören Sie, junger Mann – fein war das nicht von Ihnen!‘ Ich stotterte eine Entschuldigung. Da lächelte er freundlich. ,Nun haben Sie nur noch einen Wunsch frei, den dritten. Mit ihm gehen Sie hoffentlich ein bisschen vorsichtiger um. Versprechen Sie mir das?‘ Ich nickte und schluckte. ,Ja“, antwortete ich, ,aber nur, wenn Sie mich wieder duzen.‘ Da musste er lachen. ,Gut, mein Junge‘, sagte er und gab mir die Hand. ,Leb wohl. Sei nicht allzu unglücklich und gib auf deinen letzten Wunsch acht. ,Ich verspreche es Ihnen‘, erwiderte ich feierlich.“ „Und? Seitdem sind Sie glücklich?“ „Glücklich?“ Mein Nachbar stand auf, sah mich mit seinen blitzblanken Augen an und sagte: „Den letzten Wunsch habe ich vierzig Jahre lang nicht angerührt. Manchmal war ich nahe dran. Aber nein. Wünsche sind nur gut, solange man sie noch vor sich hat. Leben Sie wohl!“ Ich sah vom Fenster aus, wie er über die Straße ging. Und er hatte ganz vergessen, mir zu sagen, ob wenigs tens er glücklich sei. Oder hatte er mir absichtlich nicht geantwortet? Das ist natürlich auch möglich. nach Erich Kästner, S. 174-178 25 30 35 40 45 50 55 60 65 1 Betrachte die Bilder. Warum sind die gezeigten Menschen deiner Meinung nach glücklich? ➜ M1 2 Was ist für dich Glück? Erstelle eine Mindmap. ➜ M1 3 Beschreibe die Auffassung von Glück in dem Gedicht von Hesse. Suche weitere Bilder für das Glück: „Glück ist wie …“ ➜ M2 4 Besprecht, warum der Mann seinen dritten Wunsch nicht verbraucht hat. Ist er glücklich? ➜ M3 5 Nennt die Glücksmomente, die in der Werbung formuliert werden. Welche Versprechen macht sie? ➜ M4 6 Untersucht weitere Werbung im Hinblick auf das Thema Glück. Findet ihr die Darstellung von Glück darin überzeugend? Begründet eure Antworten. ➜ M4 GlücksversprechenM4 A u fg a b e n Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C . B uc hn er V er la gs | |
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