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271Mit Material arbeiten 1. Untersuche die Rolle des Militärs in der Wilhelminischen Gesellschaft. Warum wurde es so geschätzt, was wurde an ihm gelobt und kritisiert (M 1 bis M 4)? 2. Carl Zuckmayer hat in seinem Stück „Der Hauptmann von Köpenick“ und Heinrich Mann in seinem Roman „Der Untertan“ das geistige Klima der Wilhelminischen Zeit dargestellt. Informiert euch über die Werke und schaut euch eine Verfi lmung an. M 3 „Abschied.“ Zeichnung von Olaf Gulbransson aus dem „Simplicissimus“, 1910. Der Untertitel lautet: „… und dann müsst ihr bedenken, als Zivilis ten seid ihr hergekommen und als Menschen geht ihr hier fort!“ 5 10 15 5 5 10 15 M 1 „Stolz jedes Deutschen …“ In einem 1889 veröffentlichten Artikel des Militär-Wochenblattes heißt es: In keinem anderen Lande der Welt steht der Offi ziersstand auf einer so hohen Stufe, nimmt er auf der Skala der mensch lichen Gesellschaft einen so hohen Rang, eine so angesehene und geachtete Stellung ein als in Deutschland […]. Wer den Offi ziersstand zu dem seinigen macht, übernimmt damit auch die Pfl ichten desselben; macht die Anschauungen zu den seinen, die dem Stande innewohnen […]. Die dem Urgedanken des Offi ziersstandes entstammenden Gesinnungen sind: dynastischer Sinn, unbedingte Treue gegen die Person des Monarchen, erhöhter Patrio tismus, Erhaltung des Bestehenden, Ver teidigung der seinem Schutze anvertrauten Rechte seines Königs und Be kämpfung vaterlandsloser, königsfeindlicher Gesin nung etc. Die erste Pfl icht, die schönste Tugend im Strahlenkranze des Offi ziers, zugleich die Grundbedingung seiner Existenz, ist die Treue. Gerhard A. Ritter (Hrsg.), Das Deutsche Kaiserreich 1871-1914. Ein historisches Lesebuch, Göttingen 51992, S. 92 M 2 Das preußische Hauptidol In Preußen dürfen Angehörige des Bürgertums mit höherer Schulbildung statt des normalen zweioder dreijährigen einen einjährigen Militärdienst ableisten. Nach Teilnahme an weiteren militärischen Übungen können die „Einjährig-Freiwilligen“ zu „Reserveoffi zieren“ aufsteigen. Diese genießen in Preußen nicht zuletzt deshalb hohes Ansehen, weil der reguläre Offi ziersstand noch weitgehend dem Adel vorbehalten ist. Über die gesellschaftliche Stellung des Reserveoffi ziers schreibt Theodor Fontane einem Freund am 3. Oktober 1893: Jede Gesellschaftsklasse, jeder Hausstand hat ein bestimmtes Idol. Im Ganzen aber darf man sagen, es gibt in Preußen nur 6 Idole, und das Hauptidol, der Vitzliputzli* des preußischen Kultus, ist der Leutnant, der Reserveoffi zier […]. Hätten Sie […] in eine bocksteife Professorenoder vor Hochmut platzende Künstlerfamilie hineingeheiratet, so würden Sie der Leutnantund Reserveoffi zier-Bewunderung glücklich entgangen sein, aber es hätten sich Übelstände herausgestellt, die gleich bedrücklich wären. Theodor Fontane, Briefe in zwei Bänden, ausgew. und erl. von Gotthard Erler, Bd. 2, Berlin 1980, S. 309 * Vitzliputzli: eine nach dem aztekischen Stammesgott Huitzilopochtli bezeichnete „Schreckgestalt“ M 4 Verderblicher Einfl uss Der Historiker und Politiker Ludwig Quidde schreibt 1893: Besonders verderblich ist der Einfl uss des Militarismus in dem eigentlichen Bürger tum, das seine Selbstständigkeit doch verhältnismäßig leicht bewahren könnte […]. Für die allgemeine Entwicklung unserer Zustände kann dieser fortschreitende Verfall unseres Bürgerstandes die bedenklichsten Folgen haben; denn es bleiben dann nur die beiden hasserfüllten Gegner übrig, auf der einen Seite der Militarismus mit seinem Gefolge, auf der anderen Seite der aufstrebende vierte Stand, als der allein ungebrochene Vertreter aller, die noch Freiheit schätzen […]. Die ganze Auffassung von Disziplin, von dem Unterordnungsverhältnis, das vom Befehlenden keine Rechenschaft fordert und dem Gehorchenden das Recht zur Kritik verweigert, diese ganze Auffassung, die für das bürgerliche und öffentliche Leben nicht zu brauchen ist, wird durch dieses Soldatenspielen in den Krieger vereinen genährt. Ludwig Quidde, Caligula. Schriften über Militarismus und Pazifi smus. Mit einer Einleitung hrsg. von Hans-Ulrich Wehler, Frankfurt a. M. 1977, S. 102 f. 4492_1_1_2013_268_277.indd 271 28.02.13 15:11 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei g tu m d s C .C .B uc hn er V er la gs | |
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