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87Mit Material arbeiten M4 Bevölkerung in Europa. Nach: Josiah C. Russel, Artikel „Bevölkerung“, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 2, München – Zürich 1983, Sp. 14 5 10 5 10 5 10 15 20 M1 Die Pest breitet sich aus Gabriele de Mussis, ein junger Notar aus Piacenza, der 1346 in Caffa am Schwarzen Meer lebt, berichtet: So gelangte man aus […] Caffa mit einigen Schiffen, welche von zwar noch lebenden, aber bereits mit der Seuche infi zierten* Seeleuten gesteuert wurden, nach Genua, mit anderen nach Venedig, mit wieder anderen in weitere Regionen der Chris tenheit. Es klingt unglaublich: Kaum gingen die Matrosen irgendwo an Land – die krankmachenden Ausdünstungen begleiteten sie ja – und kamen dort mit den Menschen in Berührung, starben diese. Aufgrund des pestbringenden Ansteckungsstoffs ereilte in jeder Stadt, jedem Ort und jedem Land die Bewohner beiderlei Geschlechts ein rascher Tod. Wenn jemand erkrankte, brach er bald darauf zusammen und starb. Klaus Bergdolt, Der Schwarze Tod in Europa. Die Große Pest und das Ende des Mittelalters, München 1994, S. 39 (vereinfacht) * infi zieren: anstecken M3 Ein Bericht aus Erfurt In der von Zeitzeugen verfassten Chronik des Erfurter Klosters St. Peter wird berichtet: Im selben Jahr [1349] wurden die Juden in allen Städten, Burgen und Dörfern Thüringens erschlagen, nämlich in Gotha, Eisenach, Arnstadt, Ilmenau, Nebra, Wiehe, Tennstedt, Herbsleben, Thamsbrück, Frankenhausen und Weißensee, weil sie Quellen und Brunnen verseucht hatten, wie damals für sie erwiesen galt, weil viele Säcke voll Gift in den Brunnen gefunden worden sein sollten. Im selben Jahr [...] wurden die Juden in Erfurt entgegen dem Willen des Rates von der Bürgergemeinde erschlagen, hundert oder mehr. Die andern aber, mehr als dreitausend*, haben sich, als sie sahen, dass sie den Händen der Christen nicht entkommen konnten, aus einer Art Frömmigkeit in ihren eigenen Häusern selbst verbrannt. Nach drei Tagen wurden sie auf Lastkarren zu ihrem Friedhof vor dem Moritztor gebracht und dort begraben. Mögen sie in der Hölle ruhn! Man sagt auch, sie hätten in Erfurt die Brunnen und die Gera vergiftet und auch die Heringe, sodass niemand in den Fasten davon essen wollte und keiner der reicheren Bürger mit Wasser kochen ließ. Ob sie recht haben, weiß ich nicht. Eher glaube ich, der Anfang ihres Unglücks war das unendlich viele Geld, das Barone und Ritter, Bürger und Bauern ihnen schuldeten. Zit. nach: Gisela Mönke (Hrsg.), Quellen zur Wirtschaftsund Sozialgeschichte mittelund oberdeutscher Städte im Spätmittelalter, Darmstadt 1982, S. 198 f. (vereinfacht) * Die Zahl ist zu hoch; eine andere zeitgenössische Quelle spricht von 976 Erschlagenen. M2 Auswirkungen der Pest Der Schriftsteller Giovanni Boccaccio erlebt die Pest in Florenz. Über die Folgen schreibt er 1350: Und fast alle hatten nur ein grausames Ziel vor Augen: die Kranken und ihre Sachen zu meiden und zu fl iehen. […] Bei einer so schrecklichen und elenden Verfassung unserer Stadt war das ehrwürdige Ansehen der Gesetze, der göttlichen und menschlichen, fast völlig gesunken und vernichtet […]. Durch diese Heimsuchung hatte die Herzen der Männer und Frauen eine solche Angst befallen, dass ein Bruder den anderen verließ, der Onkel den Neffen, die Schwester den Bruder und […] die Frau ihren Mann, und was […] fast unglaublich ist, Väter und Mütter scheuten sich, zu ihren Kindern zu gehen und sie zu pfl egen, als ob sie nicht die ihren gewesen wären. Klaus Bergdolt (Hrsg.), Die Pest 1348 in Italien, Heidelberg 1989, S. 43 f. 1340 1440 in Millionen (Schätzungen) Iberische Halbinsel 9 7 Frankreich 19 12 Italien 9,3 7,5 Britische Inseln 5 3 Deutsches Reich und Skandinavien 11,6 7,5 Insgesamt 53,9 37,0 1. Beschreibe, wie sich die Menschen in den Pestzeiten veränderten (M 1 und M 2). Finde dafür eine treffende Bezeichnung. 2. Boccaccio nennt das Verhalten der Menschen „unglaublich“ (M 2). Erkläre seine Aussage. 3. Untersuche M 3. Welche Gründe nennt der Bericht für die Judenverfolungen? Welche Haltung nimmt der Schreiber der Chronik ein? 4. Arbeite heraus, welches Gebiet am stärksten von dem Bevölkerungsrückgang betroffen wurde (M 4). 5. Erläutere die Bedeutung des Bevölkerungsrückgangs für Gesellschaft, Herrschaft und Wirtschaft. 4492_1_1_2013_082_097.indd 87 04.03.13 10:25 Nu r z u P üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C .B uc hn er V er la gs | |
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