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147Mit Material arbeiten 1. Beschreibe Alexanders Ankunft in Auschwitz (M 5). Was kann das Foto (M 4) nicht dokumentieren? 2. Gib den geschilderten Selektionsvorgang wieder (M 6). Diskutiert, wer dafür die Verantwortung trug. 3. Recherchiere, ob Mengele später für seine Taten zur Verantwortung gezogen werden konnte. Berichte darüber in der Klasse. M 4 „Aussortierung.“ Foto vom Mai 1944. Das Bild stammt vermutlich von SS-Unterscharführer Ernst Hoffmann und trägt im Original die Überschrift „Aussortierung“. Es dokumentiert die Selektion ungarischer Juden an der Rampe des Vernichtungslagers AuschwitzBirkenau. 5 10 15 20 25 5 10 15 M 5 „Wir kamen gegen ein Uhr morgens …“ Die Historikerin Debórah Dwork interviewt im Dezember 1986 den Holocaust-Überlebenden Alexander Ehrmann. Er ist im Frühjahr 1944 im Alter von 18 Jahren mit einem Transport ungarischer Juden in das Vernichtungslager Ausch witz-Birkenau gekommen. Wir kamen gegen ein Uhr morgens auf einem Gelände mit Lampen, Scheinwerfern und Gestank an. Wir sahen Flammen, hohe Schornsteine. Wir wollten immer noch nicht wahrhaben, dass es Auschwitz war. [...] Der Zug hielt. Draußen stank es, und wir hörten allerlei Geräusche, eine Sprache und Befehle, die wir nicht verstanden. Es war Deutsch, aber wir wussten nicht, was es bedeutete. Hunde bellten. Die Türen wurden geöffnet und wir sahen seltsam uniformierte Männer in gestreifter Kleidung. Sie begannen uns in dem Jiddisch polnischer Juden anzuschreien: „Schnell! Raus!“ Wir fragten sie: „Wo sind wir?“ Sie antworteten: „Raus, raus, raus!“ Es gab Wachmannschaften mit Hunden, und sie schrien uns ebenfalls an. „Macht schnell!“ Wir stiegen aus, und sie befahlen uns, in Fünferreihen anzutreten und alles Gepäck zurückzulassen. Wir fragten einen der Leute: „Sag mir, sag mir, wohin gehen wir?“ „Dort, geht“, und er zeigte in Richtung der Flammen. Wir mussten weitergehen. So formierten wir uns nach alter Familientradition, die beiden Eltern, die älteste Schwester und die nächstälteste Schwester und das Kind an der Hand meiner Schwester. Meine Mutter bat sie: „Lass mich ihn tragen“, den Zweieinhalbjährigen. Sie sagte: „Nein, ich kümmere mich selber um meinen Sohn.“ So marschierten die drei Schwestern und meine beiden Eltern in der einen Reihe und die beiden Jungen mit drei anderen Leuten in der nächsten. Zit. nach: Robert-Jan van Pelt/Debórah Dwork, Auschwitz. Von 1270 bis heute, Zürich – München 1998, S. 374 f. (übers. von Klaus Rupprecht) M 6 „Wag es nicht …“ Am 22. August 1944 kommt die noch nicht 15-jährige Esther mit ihrer Familie von Lodz nach Auschwitz-Birkenau. Sie überlebt. Viele Jahre später erinnert sie sich an den Selektionsvorgang: Alles ging sehr schnell. Als Mengele* kam, begann er mit der Selektion. Meine Tante mit ihrem kleinen Jungen stand vorn, dann meine Mutter mit dem kleinen Mädchen an der Hand und mein Bruder, und ich war die Letzte. Meine Tante und ihr kleiner Sohn wurden nach links beordert, und als er meine Mutter fragte, ob das kleine Mädchen ihr Kind sei, und sie nickte, schickte er sie nach links. Da mein Bruder damals erst zwölf war, schickte er ihn auch nach links, mich winkte er nach rechts. Ich begriff, dass meine Mutter auf der anderen Seite war, und wollte zu ihr laufen, ich wollte bei ihr sein. Eine Jüdin, die dort arbeitete, fi ng mich in der Mitte ab und sagte auf Polnisch: „Wag es nicht, dich von hier wegzurühren!“ Sie wusste, dass ich in die Gaskammer kommen würde, wenn ich auf der anderen Seite stünde. Und sie wollte mich nicht loslassen. Zit. nach: Debórah Dwork, Kinder mit dem gelben Stern. Europa 1933 1945, München 1994, S. 215 (übers. von Gabriele Krüger-Wirrer) * Josef Mengele (1911 1979): Doktor der Philosophie und der Medizin; 1943 wurde Mengele SS-Arzt in Auschwitz. Dort war er nicht nur für die Selektionen mitverantwortlich, sondern auch für grausame medizinische Versuche, die fast immer tödlich endeten. 4493_1_1_2014_100_167_kap3.indd 147 09.04.14 13:06 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C . B uc hn er V er la gs | |
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