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33Imperialismus und Erster Weltkrieg ˘ Lesetipp: Hedley P. Willmot, Der erste Weltkrieg, Hildesheim 2004 2 „Ich kenne keine Parteien mehr, kenne nur noch Deutsche.“ Postkarte von 1914 mit einem Zitat von Kaiser Wilhelm II., das dieser am 4. August vor dem Reichstag ausrief. Im „Großen Hauptquartier“ in Koblenz schrieb er am 26. August eine leicht abgeänderte Fassung des Ausrufes und unterzeichnete sie mit „Wilhelm IR“ (= Imperator Rex: Kaiser und König). ó Erläutere den Zweck der Postkarte. Die Juli-Krise Die Führung in Berlin ging seit Beginn der Krise von einem baldigen Konfl ikt mit Russland aus. Um im Kriegsfall die Unterstützung der Sozialdemokraten zu erhalten, bemühte sich die Regierung, die Verantwortung für den Krieg Russland in die Schuhe zu schieben. Die Taktik ging auf. Nachdem am 29. Juli 1914 Österreich die Kämpfe gegen Ser bien begonnen hatte, wurden die russischen Truppen mobilisiert. Die deutsche Reichsspitze konnte dies als Bedrohung darstellen. Damit weitete sich die Krise aus. Großbritannien ließ erkennen, dass es nicht neutral bleiben werde, falls das Deutsche Reich Frankreich angreift. Erst jetzt bemühten sich Kaiser Wilhelm II. und Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg um eine politische Lösung. Doch nun engten militärische Überlegungen ihren Spielraum ein. Die deutsche Kriegsplanung ging vom sogenannten Schlieffen-Plan* aus: Frankreich sollte, solange die russische Armee noch nicht voll einsatzfähig war, zuerst niedergeworfen werden. Danach wollte man alle Truppen gegen Russland einsetzen. Einen anderen Plan gab es nicht. Die Entente plante, bis zur Vollendung der russischen Mobilmachung abzuwarten, um an zwei Fronten gleichzeitig angreifen zu können. Der Krieg beginnt Als am 31. Juli 1914 die russische Generalmobilmachung bekannt wurde, gerieten Kaiser und Kanzler unter den Druck der Militärs. Ein weiteres Warten hätte die begonnene Mobilisierung der deutschen Truppen gefährdet. Daraufhin erklärte das Deutsche Reich am 1. August dem Russischen Reich den Krieg. Zwei Tage später folgte die Kriegserklärung an Frankreich, das inzwischen ebenfalls seine Truppen zu den Waffen gerufen hatte. Nachdem deutsche Soldaten in das neutrale Belgien einmarschiert waren, trat am 4. August auch Großbritannien in den Krieg ein. Die Mittelmächte (Deutsches Reich und Österreich-Ungarn, denen sich das Osmanische Reich und Bulgarien anschlossen) kämpften nun gegen die „Entente“ (Frankreich, Großbritannien und das Russisches Reich mit ihren Verbündeten). „Burgfrieden“ und Kriegsziele Mit dem Krieg sollte jeder politische Streit im Innern ruhen. Der Kaiser drückte das am 4. August 1914 so aus: „Ich kenne keine Parteien mehr, Ich kenne nur Deutsche.“ Die bisher als „vaterlandslose Gesellen“ beschimpften Sozialdemokraten nahmen den „Burgfrieden“ an, stimmten im Reichstag für die Kriegskredite und stellten ihre Forderungen nach mehr Demokratie zurück. Die Führung behauptete immer wieder, dass „Notwehr“ und die „offenkundige und heimliche Feindschaft in Ost und West“ das deutsche Volk zum Kriege gezwungen habe. Unter dem Eindruck erster militärischer Erfolge besprach die Reichsführung im September 1914 die Kriegsziele. Deutschlands Zukunft sollte wirtschaftlich, politisch und militärisch dauerhaft gesichert werden. Beeinfl usst von der Wirtschaft und den nationalen Verbänden wollten die politisch und militärisch Verantwortlichen Belgien besetzen und Frankreich so schwächen, „dass es als Großmacht nicht neu erstehen kann“. Russland sollte „von der deutschen Grenze“ abgedrängt und „seine Herrschaft über die nichtrussischen Vasallenvölker“ gebrochen werden. Zudem wollte man den Kolonialbesitz auf Kosten der anderen Mächte erheblich ausweiten. * Plan des preußischen Generalfeldmarschalls Alfred Graf von Schlieffen (1833-1912) von 1905 4493_1_1_2014_010_053_kap1.indd 33 07.04.14 13:53 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d s C .C . B uc hn er V er la gs | |
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