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Was ist Medizinethik? 109 Sammle weitere Stichpunkte oder Schlagzeilen aus den Medien und trage diese z. B. an einer Pinn wand zusammen; sortiere deine Funde nach ihrer ethischen Bedenklichkeit, begründe jeweils deine Auffassung (z. B. „Neue Gendiagnostik kann spätere Erkrankungen vorhersagen“ > eher sehr bedenklich – „Neue Kniegelenksprothese entwickelt“ > eher unbedenklich). ➜M1 Führt ein Rollenspiel zu folgender Situation durch: Stellt euch vor, ihr könntet eine Zeitreise machen; dabei geratet ihr in die Steinzeit und ver folgt eine Trepanage. Welche Fragen könntet ihr dem Operateur oder dem Patienten stellen, welche Ant worten könntet ihr erhalten? ➜M2 Untersucht in Kleingruppen, wie unser Ge sundheits system in folgenden Fällen tätig wird; präsentiert eure Ergebnisse der gesamten Un terrichtsgruppe: AIDSErkrankung – Ertrinkender in einem Ba de see – Verkehrsunfall mit Schwerverletzten – herannahende Geburt – andauernder Husten. ➜M3 1 2 3 A u fg a b e n Medizin heute Das haben alle schon einmal erlebt: Jemand bricht sich einen Arm. Was passiert dann? Der Rettungsdienst wird gerufen und bringt den Patienten zu einem spezialisierten Arzt. Dieser richtet die Bruch enden so ein, dass der Arm wieder richtig zu sam menwachsen kann, und legt z. B. einen Gipsverband an. Anschließend wird noch ein Röntgenbild ge macht, mit dem der Arzt überprüft, ob die Behandlung kunstgerecht durchgeführt wurde. Anders ausgedrückt: Jeder kann heute darauf vertrauen, dass ein gebrochener Arm von speziell ausgebildeten Fachleuten kunstgerecht versorgt wird. Die Behandlung bleibt also nicht dem Zufall überlassen, die Chancen auf eine Heilung liegen in unserem Beispiel bei nahezu 100 %. Das ist unserem Gesundheitssystem zu verdanken. Werner Fuß, S. 101 M3 5 10 15 Medizinethik Medizinethik ist ein Teilbereich der angewandten Ethik. Hier geht es um alle ethischen Fragen, die mit medizinischem Handeln zu tun haben. Medizinethik umfasst mehrere Dimensionen: Zunächst geht es um die persönliche Dimension. Dieser Aspekt ist jedem Menschen aus eigener Erfahrung bekannt: die persönliche Arzt-Patient-Beziehung. Diese Beziehung entsteht zwischen einem eigenverantwortlich handelnden medizinischen Experten (z. B. Ärztinnen und Ärzten) und seinem Patienten. Dazu tritt eine sozio-ökonomische Dimension; dabei steht die Verteilung begrenzter Ressourcen nach ethischen Prinzipien im Mittelpunkt. In Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einer Gesellschaft gelten manche Leistungen des Gesundheits systems als frei verfügbar. Als Beispiel hierfür können in Mitteleuropa Antibiotika zur Behandlung bestimmter Infektionskrankheiten oder Insulin zur Behandlung einer Diabetes genannt werden. Andere Leistungen des Gesundheitssystems wie intensivmedizinische Maximalversorgung oder Organtransplantationen sind nur in beschränktem Maße verfügbar. In beiden Fällen entsteht die Forderung, die Verteilung dieser begrenzten Ressour cen nach ethischen Grundsätzen vorzunehmen. Eine ethische Entscheidung hierüber wird nicht mehr in der individuellen Arzt-Patient-Beziehung getroffen; vielmehr werden in relativ anonymer Weise Festlegungen getroffen. Diese Entscheidungen können unterschiedlichen Prinzipien folgen: Soll derjenige Patient bevorzugt ein Organtransplantat erhalten, der die besten Erfolgsaussichten hat (utilitaristisches Prinzip) oder soll jeder Transplantationskandidat eine „gleich faire“ Chance auf Behandlung haben (egalitaristisches Prinzip)? Als Drittes ist eine weltanschaulich-politische Dimension zu nennen. Diese Dimension wird fast ausschließlich im Kräftefeld von Politik, Justiz und weltanschaulicher Überzeugung verhandelt. Eine ethische Entscheidung über Präimplantationsdiagnostik, therapeutisches Klonen, Patientenverfügung und Sterbehilfe ist für jeden Einzelnen wichtig. Entscheidungen werden hier jedoch nicht im Einzelfall getroffen. Medizinethik ist hier nicht mehr mit „ärztlicher Ethik“ im Sinn einer individuellen Arzt-Patient-Beziehung zu vergleichen. In dieser Dimension einer Ethik in der Medizin werden gesetzlich verbindliche Vorgaben gemacht, die von der Medizin als Ausführungsorgan umgesetzt werden. Generell gilt: Wir alle sind von medizinethischen Fragestellungen unmittelbar betroffen, sei es als jetzige oder künftige Patienten, als Angehörige oder einfach als Mitmenschen. Werner Fuß, S. 101 IN F O Glossar: Patientenverfügung, Präimplantationsdiagnostik, Ressourcen, therapeutisches Klonen N u r zu P rü fz w e c k E ig e n tu m d s C .C . B u c h n e r V e rl a g s | |
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