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[In Zeiten] der globalen Finanzund Schuldenkrise wächst in immer mehr Staaten die Neigung, die eigene Wirtschaft abzuschotten und sich zu wehren gegen angebliche oder tatsächliche unfaire Praktiken anderer Nationen. […] Die schleichende Abkehr vom Freihandel ist seit drei, vier Jahren zu beobachten, und sie wird gern kaschiert mit schönen Worten: So versprechen die G-20-Staaten, also die 20 führenden Industrieund Schwellenländer, auf jedem Gipfeltreff en, dass sie entschieden gegen Protektionismus vorgehen wollen. Aber zwischen den Gipfeln haben sie seit 2008 Hunderte neue Handelsbeschränkungen eingeführt. Inder, Russen, Chinesen, Amerikaner oder Europäer: Sie alle erhöhen Zölle. Und oft reicht es auch, die Einfuhroder Zulassungsregeln für bestimmte Produkte zu verschärfen, um heimische Unternehmen zu schützen. Zugleich sind alle Versuche gescheitert, die Verhandlungen für ein neues Welthandelsabkommen […] endlich zum Abschluss zu bringen. Zu unterschiedlich sind die Interessen der Industrieund Entwicklungsländer. Doch stattdessen macht sich ein teils off ener, teils versteckter Protektionismus breit, der oft seltsame Blüten treibt. In Argentinien zum Beispiel verlangte die Regierung im vergangenen Jahr, dass deutsche Autobauer für jeden Dollar, den sie durch den Verkauf von Autos verdienen, heimische Produkte kaufen – so sollte die argentinische Wirtschaft angekurbelt werden. Ein deutscher Sportwagenhersteller musste deshalb im Gegenzug für jeden Sportwagen ein paar Tausend Flaschen Wein ausführen. Der Konfl ikt zwischen China und Europa mutet da vergleichsweise profan an. Er läuft nach dem simplen Prinzip ab, den angedrohten Zoll des einen durch den angedrohten Gegenzoll des anderen zu kontern. Dieser Schlagabtausch vollzieht sich zu einer Zeit, in der die Verhandlungen über zwei neue globale Handelsblöcke beginnen, und an beiden ist China nicht beteiligt: weder an der „Transpazifi schen Partnerschaft “, über die USA, Japan und weitere Anrainerstaaten reden, noch an der „Transatlantischen Freihandelszone“, über die Amerikaner und Europäer vom Sommer an verhandeln werden. Solche regionalen Handelsblöcke kommen immer mehr in Mode, seit in der Welthandelsrunde nichts vorangeht. Mehr als 550 regio nale Abkommen gibt es mittlerweile, und vordergründig dienen sie auch dazu, für einen freieren Handel zu sorgen; letztlich aber haben sie auch zum Ziel, andere Länder ganz bewusst auszuschließen. China dürft e sich auf den Konfl ikt mit Europa auch deshalb einlassen, weil es bei den Gesprächen über diese beiden Freihandelszonen ausgegrenzt wird. Das macht den jetzigen Handelskrieg so gefährlich. Besser wäre es, die Volksrepublik einzubinden – und den Konfl ikt zu beenden, ehe er richtig begonnen hat. Nach: Ulrich Schäfer, Süddeutsche Zeitung, 21.5.2013 Globale ZweifelM 1 Aufgaben Erläutern Sie die Überschrift des Zeitungskommentars und stellen Sie den Zusammenhang zur Finanzkrise her. (M1) Zeigen Sie die erhoffte Wirkung von Importzöllen im Wirtschaftskreislauf auf. (M1) Erläutern Sie die zunehmende Bedeutung von sog. „globalen Handelsblöcken“. (M1) Beurteilen Sie die dargestellte Entwicklung des Welthandels aus globaler Sicht. (M1) 1. 2. 3. 4. 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 167 Anwendung und Transfer 82002_1_1_2015_148_167_Kapitel6.indd 167 15.05.15 11:19 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt m d e C .C .B uc hn r V er la gs | |
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