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ü ü ü ü ü ü ü 111 Frauen zwischen Familie und Beruf Die Frauen des Bürgertums sollten sich – nach den Vorstellungen der Männer – in der Ehe um Küche, Kinderstube und Kirche kümmern. Bei der Hausarbeit wurden sie von Dienstmädchen, Kö chin oder Kinderfrau unterstützt. Die Ehefrauen der Handwerker und Händ ler verfügten oft auch über Dienstmädchen, doch sie mussten neben den Haushaltsund Erziehungsaufgaben auch noch in der Werkstatt oder im Geschäft mitarbeiten. Verheiratete Frauen aus den Unterschichten hatten es besonders schwer. Neben den Geldsorgen und schlechten Wohnverhältnissen stand die ständige Suche nach Zuerwerb. Arbeiterfrauen verdienten als Putz-, Waschoder Nähhilfen hinzu oder übernahmen schlecht bezahlte Heimarbeiten, um bei ihren Kindern bleiben zu können. Die Fol gen der ständigen Mehrfachbelastungen: Sie waren häufig krank, alterten rasch und starben früh. „Schafft die Frauenarbeit ab …“ Viele Arbeiterfamilien wollten leben wie das Bürgertum, in denen die Hausfrau nicht erwerbstätig sein mu ss te. „Schafft die Frauenarbeit ab und ermöglicht es den Frauen, ihren Haushalt 4 Grundriss einer „Mietskaserne“. Erkläre den Begriff. Beschreibe die Anlage der Häuser und ziehe Rückschlüsse auf die Wohnverhältnisse (Abb. 3 und 4). Nenne Gründe für ihren Bau. selbst zu führen; ermöglicht es dem männlichen Arbeiter, so viel zu verdienen, als er zur Ernährung von Weib und Kind bedarf“, forderte 1877 ein Sozialdemokrat . Wohnungselend In den schnell wachsenden Industriestädten fehlten billige Wohnungen. Viele Menschen hausten in menschenunwürdigen Verhältnissen: Behelfsbauten, feuchten Kellerwohnungen oder „Mietskasernen“ mit dunklen Hinterhöfen und schlechten sanitären Verhältnissen. Mehrere Familien teilten sich eine Toilette und einen Wasserhahn auf dem Flur. Spekulanten nutzten die Wohnungsnot aus und verlangten hohe Mieten. In Berlin wohnten noch um 1910 etwa 600 000 Menschen in Wohnungen, in denen jedes Zimmer mit fünf und mehr Personen belegt war. Dazu kam das Schlafgängerwesen: Jun ge Arbeiter und Arbeiterinnen, die sich keine eigene Wohnung leisten konnten, mieteten sich eine Schlafstelle im Wohn raum einer Familie. Sie schliefen dann auf den Lagerstätten der Personen, die gerade nicht anwesend waren, oder mussten sich damit begnügen, mit den Kindern der Vermieter in einem Bett zu übernachten. Diese Wohnverhältnisse zerstörten häu fig das Familienleben. Die Männer zogen das Wirtshaus den ungemüt lichen Wohnungen vor. Übermäßiger Alkoholgenuss vergrößerte die Not in den Familien. Und die Ausweglosigkeit ließ nicht selten rohe Gewalt gegen Frauen und Kinder entstehen. Nicht selten suchten Jugendliche aus den Unterschichten in der Kriminalität oder in der Prostitution einen Ausweg aus diesem hoffnungslosen Leben. Manche en deten im Erziehungsheim, im Arbeitshaus oder im Gefängnis. ■Internettipp ➜ Zur Verstädterung siehe www.dhm.de/lemo/html/kaiserreich/alltags leben/urbanisierung/ 3 Berliner „Mietskasernen“. Diese Häuser mit zahlreichen Hinterhöfen wurden um 1900 erbaut. 4753_099_114 03.11.16 07:43 Seite 111 Nu r z u Pr üf zw ck en Ei ge nt um d s C .C .B uc hn er V er la gs | |
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