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181 5 10 15 20 25 30 1. Untersuche den von der deutschen Regierung benutzten Begriff „Interessen“ (M 1, erster Text): Was wurde darunter verstanden? Wer setzte sie fest? 2. Nicht alle deutschen Zeitungen teilten die Meinung der RWZ (M 1, zweiter Text). Schreibe einen gegenteiligen Artikel für die sozialdemokratische Presse. 3. Überlege, welche Forderungen hinter der Bemerkung des britischen Politikers stecken können (M 1, dritter Text). 4. Welche Befürchtungen hat Bebel (M 1, vierter Text)? 5. Bestimme die Einstellung des Zeichners zu Großbritannien (M 2). 2 Marokko-Krise. Zeichnung aus der August-Ausgabe der Zeitschrift „Jugend“ von 1911. Abgebildet sind der britische Handelsminister David Lloyd George (auf der Leiter) und der deutsche Staatssekretär des Äußeren Alfred von Kiderlen-Wächter. Die Bildunterschrift lautet: „Hier, Mister Lloyd George, sehen Sie meinen Biceps! Ich glaube, Sie sind in Anbetracht dessen als Arbiter Mundi* nicht ganz zuständig!“ * Arbiter Mundi: Schiedsrichter der Welt 1 Der „Panthersprung“ nach Agadir ein deutsches Abenteuer Am 1. Juli 1911 läuft das kleine, nur leicht bewaffnete deutsche Kanonenboot „Panther“ den westmarokkanischen Hafen Agadir an. Am selben Tag übergeben die deutschen Botschafter in allen Hauptstädten folgende Mitteilung an die Regierungen ihrer Gastländer: Einige deutsche Firmen, die sich im Süden Marokkos niedergelassen haben, vor allem in Agadir und Umgebung, sind besorgt über eine gewisse Gärung, die sich unter den an sässigen Stämmen gezeigt hat […]. Diese Firmen haben an die Kaiserliche Regierung appelliert, das Leben ihrer Beschäftigten und ihr Eigentum zu schützen. Auf ihr Ersuchen hat die Kaiserliche Regierung beschlossen, ein Kriegsschiff zum Hafen von Agadir zu entsenden, um ihren Untertanen und Beschäftigten im Notfall Hilfe und Unterstützung zu gewähren und die wichtigsten deutschen Interessen in dem fraglichen Gebiet zu wahren. Die der Industrie nahe stehende „Rheinisch Westfälische Zeitung“ schreibt am 2. Juli 1911 dazu: Es wird wie ein jubelndes Aufatmen durch unser Volk gehen. Der deutsche Träumer erwacht aus zwanzig jährigem Dornröschenschlaf. Endlich eine Tat, eine befreiende Tat […]. Sie war dringend notwendig. Es geht um die Ehre unseres Volkes […]. Die Franzosen […] schicken sich an, das reiche nordwestafrikanische Land sich vollends anzueignen; über unsere wohlerworbenen Ansprüche, über unsere gerechten Interessen hinweg […]. Hinter unserer Regierung – wenn sie durchhält! – steht geeint das ganze Volk. Der britische Außenminister Grey reagiert am 3. Juli mit folgender Bemerkung: Die Tatsache, dass Deutschland den Sprung gemacht hat, muss der Annahme Raum geben, dass es sich jetzt in der Lage glaubt, der Gefahr einer bewaffneten französisch-britischen Gegnerschaft zu trotzen. Wenn sich, wie ich es für wahrscheinlich halte, erweisen sollte, dass dem so ist, so stehen wir nun einer dringenden und unmittelbaren Gefahr gegenüber, für die gerüstet zu sein von vitaler Bedeutung ist. Denn die einzige Gefahr eines englischdeutschen Konflikts besteht in der Möglichkeit, dass Deutschland die Zuversicht hegt, erfolgreich Krieg gegen uns führen zu können. Die deutsch-französischen Vereinbarungen über Marokko werden im Reich als schwere politische Niederlage empfunden. Während alle Parteien der Regierung den Vorwurf machen, die Interessen des Deutschen Reiches unzureichend vertreten zu haben, und von vielen Abgeordneten eine weitere Verstärkung sowohl des Heeres als auch der Flotte gefordert wird, sagt der Sozialdemokrat August Bebel in der Debatte am 9. November 1911 im Reichstag: Die deutschen Chauvinisten* werden nicht vergessen, dass ihnen die gehoffte Beute in Marokko entgangen ist. Sie machen England, wie wir gehört haben, dafür verantwortlich. So wird man eben von allen Seiten rüsten und wieder rüsten, man wird rüsten bis zu dem Punkt, dass der eine oder andere Teil eines Tages sagt: lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. (Sehr richtig bei den Sozialdemokraten.) […] Dann kommt die Katastrophe. Alsdann wird in Europa der große Generalmarsch geschlagen, auf den hin 16 bis 18 Millionen Männer, die Männerblüte der verschiedenen Nationen, ausgerüstet mit den besten Mordwerkzeugen, gegeneinander als Feinde ins Feld rücken. Erster Text: Robert K. Massie, Die Schalen des Zorns, a.a.O., S. 604. Zweiter Text: Hans Fenske (Hrsg.), Unter Wilhelm II., a.a.O. S. 303 f. Dritter Text: George P. Gooch und Harold Temperley (Hrsg.), Die Britischen Amtlichen Dokumente über den Ursprung des Weltkrieges 1898-1914, dt. Ausgabe hrsg. von H. Lutz, Bd. 7.1, Berlin 1932, S. 531. Vierter Text: Ilse Fischer und Werner Krause, August Bebel 1840-1913. Ein Großer der deutschen Arbeiterbewegung [Ausstellungskatalog], Köln 1988, S. 254 * Chauvinisten: Nationalisten; Kriegshetzer 4753_177_192 03.11.16 07:53 Seite 181 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C .B uc er V er la gs | |
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