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201 2 „Willst Du? Tritt ein!“ ROSTA-Plakat Nr. 867 vom Januar 1921. Nach 1917 spielte die Agitationspropaganda (kurz: Agitprop) eine wichtige Rolle in der Verbreitung revolutionärer Botschaften. An gesichts geringer Lesekenntnisse der Be völkerung wurden Forderungen durch einprägsame Slogans und Plakate verbreitet. Viele junge und experimentierfreudige Künstler beteiligten sich daran. Auf An re gung des Literaten und Künstlers Wla dimir W. Majakowski (1893-1930) entstanden z. B. die „ROSTA-Fenster“. Sie wurden von Künstlerteams für die russische Telegrafen agentur (Abkürzung: ROSTA) angefertigt, hatten riesige Ausmaße (300 x 300 cm) und hingen in Schaufenstern, Bahnhöfen und an anderen öffentlichen Plätzen aus. Die Inschriften des abgebildeten Plakats: 1. Willst die Kälte bezwingen? 2. Willst den Hunger bezwingen? 3. Willst essen? 4. Willst trinken? Schnell in die Stoßtruppe vorbildlicher Arbeiter! Ein neuer Staat Im November 1917 fanden Wahlen zu einer Verfassunggebenden Versammlung statt. Das Wahlergebnis war eindeutig: Die Bolschewisten hatten trotz großer Zugeständnisse an die Bauern und Soldaten keine Mehrheit. Sie erhielten nur ein Fünftel der abgegebenen Stimmen. Die Bolschewiki hielten ihre Macht mit Terror aufrecht. Die Verfassunggebende Versammlung wurde gewaltsam auf gelöst und die Sow jet regierung von Petrograd nach Mos kau verlegt. Wer sich den Bolschewisten, die sich seit dem März 1918 Kommunistische Partei Russlands/Bolschewiki (KPR/B) nannten, entgegenstellte, wurde gnadenlos verfolgt. Einen ers ten Abschluss der revolutionären Umgestaltung von Staat und Gesellschaft bildete die im Juli 1918 erlassene Verfassung der Russischen Sozialis tischen Föderativen Sow jetrepu blik. Der Frieden von Brest-Litowsk Erst nach heftigen politischen Auseinandersetzungen schloss die bolschewistische Regierung im März 1918 Friedensverträge mit dem Deutschen Reich, Österreich-Ungarn, Bulgarien und dem Osmanischen Reich in Brest-Litowsk (Weiß russland). Die Bolschewiki hatten die Verhandlungen verzögert, weil sie hofften, dass auch in anderen Staaten Revolutionen ausbrechen würden und sich damit ihre Verhand lungsposition verbessern würde. Ihre Taktik ging nicht auf. Stattdessen legten das Deutsche Reich und Österreich, die zu dem Zeitpunkt noch davon überzeugt waren, als Sieger aus dem Krieg hervorzugehen, der Sowjetregierung harte Friedensbedingungen vor. Sowjetrussland musste seine Ansprüche auf Polen, Litauen, Lettland, Estland, die Ukraine und Finnland sowie Gebiete im Kaukasus aufgeben. Es verlor etwa 25 Pro zent der Bevölkerung und rund 75 Prozent seiner Eisenund Stahlindus trie. Die Verträge bildeten daher keine Grundlage für eine Versöhnung zwischen den Staaten. „Rote“ gegen „Weiße“ Gegen die gewaltsame Machtübernahme der Bolschewiki, die revolutionären Maßnahmen und die Friedensverträge formierte sich starker Widerstand. Anhänger der Zarenherrschaft, Militärs, Enteignete, Demokraten und ge mäßigte Revolutionäre wehrten sich mit militärischen Mitteln gegen die Bolschewiki. Im Frühjahr 1918 begann ein Bürgerkrieg zwischen den nach der Farbe ihrer Fahne als „Rote“ bezeichneten Kommunisten und den als „Weiße“ gekennzeichneten Gegenrevolutionären. Der Konflikt wurde verschärft durch die Unabhängigkeitsbestrebungen vonVöl kern, die nicht in das sowjetische Russland eingegliedert werden wollten. In ihrem Widerstand wurden diese Völker sowie die Gegenrevolutionäre von 14 Staaten unterstützt. So dauerte es bis zum November 1920, bis sich die Bolschewiki in dem Bürgerkrieg durchsetzten. Die Revolution und der Bürgerkrieg forderten mehrere Millionen Tote. Unter den Opfern war die Zarenfamilie. Sie war im Juli 1918 auf Beschluss des Uraler Sowjetpräsidiums in Jekatarinenburg erschossen worden. Bürgerkrieg und Aufbau der Sowjetunion 1 „Gen[osse] Lenin reinigt die Erde vom Unrat.“ Plakat (68 x 44 cm) von Viktor Deni, 1920. Wofür stehen die Personen, die Lenin „wegfegt“? 4753_193_205 03.11.16 07:55 Seite 201 Nu r z P rü fzw ec ke n Ei g tu m s C .C .B uc hn er V er la gs | |
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