Volltext anzeigen | |
Der Erste Weltkrieg als historischer Wendepunkt Im Ersten Weltkrieg hatten sich die Mittelmächte (Deutsches Reich, Österreich-Ungarn, Osmanisches Reich, Bulgarien) und die Mächte der Entente (Frankreich, Großbritannien, Russisches Reich und Verbündete) unversöhnlich gegenübergestanden. Am Ende hatten zuerst der russische Zar, dann die Herrscher Österreich-Ungarns und Deutschlands ihre Krone verloren. Aber der Krieg begünstigte nicht nur den Umsturz traditioneller Herrschaftsformen, sondern führte auch den Zusammenbruch des alten europäischen Staatensystems herbei. Deutschland, bisher Hauptmacht Mitteleuropas, musste sich dem Diktat der Sieger beugen; das alte Österreich-Ungarn löste sich in eine Reihe von Kleinstaaten auf; Russland musste die nichtrussischen Randgebiete in Ostmitteleuropa abtreten. Auch die europäischen Siegermächte hatten im Krieg schwer gelitten und verloren an Einfl uss auf die Weltpolitik. Europa hatte seinen Führungsanspruch in der Welt verspielt. Historiker sehen im Jahr 1917 den Beginn einer neuen Epoche: Die USA gaben ihre Tradition des Isolationismus auf und traten als künftige Weltmacht in Erscheinung; das Eingreifen Amerikas auf den Schlachtfeldern Europas entschied endgültig über Sieger und Besiegte. Das bolschewistische Russland zählte am Ende des Krieges zunächst nicht mehr zu den Weltmächten. Und doch sollten die von Lenin durchgesetzte neue politische Ordnung und der Aufbau eines neuen Gesellschaftssystems weltgeschichtliche Bedeutung erlangen und den Grundstein für den Kalten Krieg legen. Stärker als zuvor bestimmten nun ideologische Gegensätze die Beziehungen der Staaten. Nach 1920 und stärker noch nach 1929 geriet in den meisten europäischen Staaten das System der liberalen Demokratie in eine Krise. In Mittelund Ostmitteleuropa wandelten sich Monarchien zu parlamentarischen Demokratien, auch die neugegründeten Länder der Region wählten zumeist diese Staatsform. In den Verliererstaaten des Ersten Weltkrieges und auch in Italien, das sich immer weniger als Siegermacht fühlte, gerieten die Demokratien unter Druck. Rechtsextreme und faschistische Bewegungen entstanden. Während diese aber in den gefestigten Verfassungsstaaten (England, Frankreich, Belgien etc.) in der Minderheit blieben, konnten sie in jüngeren Demokratien im Verlauf der 1920erund 30er-Jahre die Macht an sich reißen. Autoritäre Regierungsformen entstanden (mit Ausnahme der Tschechoslowakei) von Estland bis Griechenland überall in Ostmittelund Südosteuropa, aber auch in Spanien und Portugal. Am Vorabend des Zweiten Weltkrieges waren also alle nach 1918 neu entstandenen parlamentarischen Demokratien in Europa wieder zusammengebrochen. Die autoritären Herrscher stützten sich auf die traditionellen Eliten des Landes, auf die Armee und die Kirchen. Ihre Ideologie war von Hierarchiedenken, Nationalismus, Militarismus und Antikommunismus geprägt. Auch der Faschismus übernahm diese ideologischen Elemente, jedoch unterschied er sich vom klassischen konservativ nationalistischen Denken. Denn die Faschisten bemühten sich, durch antiparlamentarische, antikommunistische und antimoderne Propaganda eine Massenbewegung zu bilden, die einer nationalen Führerfi gur folgte. Als folgenreich sollte sich erweisen, dass die Bandbreite faschistischer Ideen derart weit gefasst war, dass sich auch konservativ-bürgerliche Schichten mit dieser Massenbewegung identifi zieren konnte. u Welche politischen Ideologien prägten Europa in der Zwischenkriegszeit und wodurch waren diese Ideologien gekennzeichnet? u Wie wirkte sich die Umsetzung dieser Ideologien auf das Leben der Menschen aus? u Wo liegen die Unterschiede zwischen autoritären und faschistischen Regimen im Europa der Zwischenkriegszeit? 9Einführung Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C .B uc hn er V er la gs | |
![]() « | ![]() » |
» Zur Flash-Version des Livebooks |