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139Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg Überall Gewalt und Not 1 Ausländische Arbeitskräfte im Reich. Nach: Ulrich Herbert, Geschichte der Ausländerpolitik in Deutschland, München 2001, S. 148 f. ˘ Lesetipp: Uri Orlev, Die Bleisoldaten. Roman, Weinheim 22011 „Zivilarbeiter“ Kriegsgefangene Im August 1944 befanden sich im Deutschen Reich aus: Belgien 203 262 50 386 Frankreich 654 782 599 967 Italien 158 099 427 238 Niederlande 270 304 – Sowjetunion 2 126 753 631 559 Polen 1 659 764 28 316 Sonstige 648 919 193 521 Insgesamt 5 721 883 1 930 987 Ausbeutung und Versklavung Die Devise der deutschen Besatzer lautete: Beherrschen – Verwalten – Ausbeuten. Im Vordergrund stand die wirtschaftliche Ausbeutung. Je länger der Krieg dauerte, desto mehr war die deutsche Bevölkerung auf Einfuhren angewiesen. Nahrung, Kohle, Öl und Maschinen wurden rücksichtslos aus den besetzten Gebieten abtransportiert. Zugleich holte man auch Millionen Frauen und Männer ins Reich – in der Regel mit Gewalt. 1944 arbeiteten im Deutschen Reich rund 7,6 Millionen Zwangsarbeiter aus ganz Europa, darunter 10bis 14-jährige Kinder. Sie lebten meist in Lagern unter unwürdigen Bedingungen. Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter ersetzten die in die Wehrmacht eingezogenen Deutschen, produzierten Waffen und sorgten dafür, dass die Deutschen nicht hungerten. In Osteuropa sollte „Lebensraum“ für deutsche Bauern geschaffen werden. Dazu sah der Generalplan-Ost (1941/ 42) die Vertreibung oder Vernichtung von 31 Millionen Bewohnern Polens und der sowjetischen Westgebiete vor. Bis zum Sommer 1941 waren bereits eine Million Polen aus dem Westen des Landes zwangsweise ins „Generalgouvernement“ umgesiedelt worden. Gleichzeitig wurde das begonnene Programm zur Vernichtung und Versklavung der Juden fortgesetzt. Menschen in Ghettos In den besetzten Gebieten Osteuropas richteten die Deutschen mehr als 1 000 Ghettos ein, die teilweise nur für kurze Zeit bestanden. Das waren in der Regel abgesonderte oder abgesperrte Wohnbezirke, in die Juden ziehen mussten, soweit sie nicht schon dort wohnten. Ab Oktober 1941 wurden auch Juden aus dem Deutschen Reich mit Sammeltransporten in Ghettos verschleppt (deportiert). Das größte Ghetto wurde 1940 in Warschau eingerichtet. Dort wurden auf engstem Raum bis zu einer halben Million Juden untergebracht. Für die Verwaltung der Ghettos waren „Judenräte“ zuständig, die gezwungen wurden, mit den deutschen Besatzern zusammenzuarbeiten. Die Lebensund Arbeitsbedingung in den Ghettos waren grausam und verschlimmerten sich mit dem Krieg. Allein im Warschauer Ghetto starben zwischen 1940 und 1942 etwa 100 000 Menschen an Hunger, Misshandlungen und Krankheiten. Schon bald wurden diese Ghettos für die Juden zu Zwischenstationen auf dem Weg in die Vernichtungslager.* Gemeinsame Sache In den westund nordeuropäischen Staaten bemühten sich die deutschen Besatzer um Zusammenarbeit mit den einheimischen, meist nationalkonservativen Führungsschichten. In Ländern wie Belgien, Frankreich, Holland und Norwegen machten auch faschistische Gruppen gemeinsame Sache mit den Besatzern. In Osteuropa wurden deutsche Truppen in den erst 1940 von der Sowjetunion annektierten baltischen Gebieten sowie in der Ukraine als „Befreier“ begrüßt. Doch die Bereitschaft zur Zusammenarbeit endete, als sie erkannten, dass ihre Hoffnung auf Eigenstaatlichkeit eine Illusion war und die Besatzer sie nur ausbeuteten. Widerstand gegen die Besatzer In allen besetzten Gebieten gab es von Anfang an Widerstand. Als sich das deutsche Kriegsglück wendete, wehrten sich immer mehr Einheimische gegen ihre Unterdrücker. Im besetzten Frankreich bildete sich beispielsweise die Résistance. Sie erhielt starken Zulauf, als die Besatzer den Zwangsarbeitsdienst einführten. Mit Flugblättern, Streiks, Sabotage wie der Zerstörung von Eisenbahnanlagen und Brücken sowie Anschlägen auf den deutschen Nachschub versuchten Widerstandsgruppen, die Fremdherrschaft zu schwächen. Dabei nahmen sie brutale Gegenmaßnahmen in Kauf: Partisanen* wurden erschossen oder gehenkt. Orte wie Oradour-surGlane in Frankreich, Lidice in der Tschechoslowakei oder Kalavryta und Lyngiades in Griechenland, in denen Partisanen angeblich oder tatsächlich Unterschlupf gefunden hatten, machten die Deutschen dem Erdboden gleich und brachten ihre Bewohner um. *Partisanen: bewaffnete Widerstandskämpfer in den besetzten Gebieten* Lies dazu Seite 144 ff. ó Erkundigt euch im Internet über die deutschen Kriegsverbrechen in Oradour-sur-Glane, Lidice, Kalavryta und Lyngiades. Wie wird heute daran erinnert? 31013_1_1_2015_100_163_kap3.indd 139 26.03.15 15:30 Nu r z u Pr üf zw ck en Ei ge tu d es C .C . B uc hn er V er la gs | |
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