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196 Politische und ideologische Voraussetzungen des Nationalsozialismus Gründe für den Aufstieg der NSDAP Als sich die NSDAP 1920 ihr Parteiprogramm gegeben hatte, war sie eine unter zahllosen radikalen Splitterparteien (u M1). Bis Januar 1933 wuchs die Zahl ihrer Mitglieder auf 849 000 an. Wer wählte Hitler? Was machte die Partei für so viele Menschen attraktiv? Nährboden für die Entwicklung von einer Splitterzu einer Massenpartei war nicht nur die Wirtschaftskrise, sondern eine deutsche Gesellschaft, die seit Beginn der Republik wirtschaftlich und mental gespalten war. Der Schock der Kriegsniederlage mit dem als nationale Demütigung empfundenen Versailler Vertrag, die Revolution mit ihren blutigen Auseinandersetzungen sowie die negativen psychologischen Folgen von Massenarbeitslosigkeit, Infl ation und Währungsreform ließen die radikalnationalistischen Parolen eines Adolf Hitler auf fruchtbaren Boden fallen. Seine antisemitische, antiliberale und anti marxistische, die Bolschewismusangst schürende Agitation traf bei großen Teilen der Bevölkerung den Nerv der Zeit. Viele von der Republik enttäuschte Bürger erhofften sich einen starken Mann, einen Führer und „Erlöser“, der die Nation vor dem drohenden Untergang retten und sie endlich wieder zu nationaler Größe führen würde. Viele suchten die Geschlossenheit einer Gemeinschaft, die stark genug schien, durch Protest gegen die bestehende Ordnung die Welt nach ihrer Vorstellung neu zu gestalten. Die Furcht vor dem sozialen Abstieg einte Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft. Viele waren auf der Suche nach einem „dritten Weg“ zwischen Kapitalismus und Sozialismus. Dies gilt vor allem für Angehörige des Mittelstandes, die sich durch linke Bewegungen bedroht sahen. Außerdem zogen Tatkraft und Durchsetzungsvermögen der NSDAP Mitglieder und Wähler an. Emotionale Bezüge wie „Ehre, Größe, Heroismus, Opferbereitschaft, Hingabe“, nicht wirtschaftliche Versprechungen, führten der „Bewegung“ ihre Wähler und Sympathisanten zu. Viele von ihnen wollten mit ihrem Wahlverhalten nur ihre Unzufriedenheit mit den gegenwärtigen Verhältnissen ausdrücken. Dies erklärt auch die starken Schwankungen der NSDAP in der Gunst der Wähler. Die „Eroberung der Straße“ Der Aufstieg der NSDAP basierte dabei jedoch nicht allein auf Agitation und Propaganda. Die Ausübung und die Heroisierung von Gewalt gehörten von Anfang an dazu. 1920 war die Sturmabteilung (SA) für den Straßenkampf und den Schutz von Parteiversammlungen gegründet worden. Zunächst unabhängig, wurde sie 1925 in die NSDAP eingegliedert. Im gleichen Jahr schuf sich Hitler mit der Schutzstaffel (SS) seine persönliche Schutztruppe, die ab Ende der 1920er-Jahre zu einem Eliteorden ausgebaut wurde. Doch nicht nur die NSDAP, sondern auch andere Parteien bildeten paramilitärische Kampfverbände, die die eigenen Veranstaltungen schützen und die des politischen Gegners massiv stören sollten. Die Kampfverbände waren meist in Parteiuniformen gekleidet, sodass ihr Aufeinandertreffen den Eindruck militärischer Konfl ikte erweckte, der die Bürgerkriegsängste in der Bevölkerung verstärkte. Die Mitglieder der SA trugen braune Uniformen mit Koppel und Schulterriemen, dazu Schaftstiefel und eine Armbinde mit Hakenkreuz. Am aggressivsten und gewalttätigsten gegen die Republik ging neben der SA der zur KPD gehörige Rote Frontkämpferbund (RFB) vor; beide lieferten sich untereinander blutige Saalund Straßenschlachten. Auch der Stahlhelm, der „bewaffnete Arm“ der DNVP, radikalisierte den politischen Kampf. Das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, hauptsächlich von der SPD gestützt, aber auch von DDP und Zentrum, sah sich als Verteidiger Der Aufstieg der NSDAP – Ideologie und Propaganda Sturmabteilung (SA): 1920 gebildete, militärisch organisierte und uniformierte Saalschutzund Kampftruppe der NSDAP Schutzstaffel (SS): 1925 gegründete Parteiformation zum persönlichen Schutz Hitlers, ab 1934 „selbstständige Organisation“ der NSDAP mit polizeilicher Machtbefugnis Internettipp: Zur Geschichte der NSDAP siehe Code 4677-16 Literaturtipp: Bastian Hein, Die SS. Geschichte und Verbrechen, München 2015 4677_1_1_2015_184-217_Kap6.indd 196 17.07.15 12:05 Nu r z u P üf zw ck en Ei ge nt um de s C .C .B uc hn r V er la gs | |
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