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324 Nationale Identität unter den Bedingungen der Zweistaatlichkeit in Deutschland entfernt, andere mit Arrest bedroht oder verhaftet und nach Oranienburg und Sachsenhausen verbracht […]. Reiner Pommerin, Die Zwangsvereinigung von KPD und SPD zur SED. Eine britische Analyse vom April 1946, in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, 36. Jg. 1988, Heft 2, S. 328 f. 1. Erläutern Sie die Rolle der sowjetischen Besatzungsbehörden laut dieser Einschätzung. 2. Bewerten Sie die demokratische Legitimation der Parteienvereinigung. M3 Kurswechsel Am 6. September 1946 hält US-Außenminister James F. Byrnes vor den Ministerpräsidenten der süddeutschen Länder eine Rede, die unter der Bezeichnung „Rede der Hoffnung“ populär geworden ist: Es liegt weder im Interesse des deutschen Volkes noch im Interesse des Weltfriedens, dass Deutschland eine Schachfi gur oder ein Teilnehmer in einem militärischen Machtkampf zwischen dem Osten und dem Westen wird. […] Die Vereinigten Staaten sind der festen Überzeugung, dass Deutschland als Wirtschaftseinheit verwaltet werden muss und dass die Zonenschranken, soweit sie das Wirtschaftsleben und die wirtschaftliche Betätigung in Deutschland betreffen, vollständig fallen müssen. […] Wir treten für die wirtschaftliche Vereinigung Deutschlands ein. Wenn eine völlige Vereinigung nicht erreicht werden kann, werden wir alles tun, was in unseren Kräften steht, um eine größtmögliche Vereinigung zu sichern. […] Der Hauptzweck der militärischen Besetzung war und ist, Deutschland zu entmilitarisieren und entnazifi zieren, nicht aber den Bestrebungen des deutschen Volkes hinsichtlich einer Wiederaufnahme seiner Friedenswirtschaft künstliche Schranken zu setzen. […] Die Potsdamer Beschlüsse sahen nicht vor, dass Deutschland niemals eine zentrale Regierung haben sollte. Sie bestimmten lediglich, dass es einstweilen noch keine zentrale deutsche Regierung geben sollte. Dies war nur so zu verstehen, dass keine deutsche Regierung gebildet werden sollte, ehe eine gewisse Form von Demokratie in Deutschland Wurzeln gefasst und sich ein örtliches Verantwortungsbewusstsein entwickelt hätte. […] Die Vereinigten Staaten treten für die baldige Bildung einer vorläufi gen deutschen Regierung ein. […] Während wir darauf bestehen werden, dass Deutschland die Grundsätze des Friedens, der gutnachbarlichen Beziehungen und der Menschlichkeit befolgt, wollen wir nicht, dass es der Vasall irgendeiner Macht oder irgendwelcher Mächte wird 5 10 15 20 25 30 35 40 45 oder unter einer inoder ausländischen Diktatur lebt. Das amerikanische Volk hofft, ein friedliches und demokratisches Deutschland zu sehen, das seine Freiheit und seine Unabhängigkeit erlangt und behält. […] Die Vereinigten Staaten können Deutschland die Leiden nicht abnehmen, die ihm der von seinen Führern angefangene Krieg zugefügt hat. Aber die Vereinigten Staaten haben nicht den Wunsch, diese Leiden zu vermehren oder dem deutschen Volk die Gelegenheit zu verweigern, sich aus diesen Nöten herauszuarbeiten, solange es menschliche Freiheit achtet und vom Wege des Friedens nicht abweicht. Das amerikanische Volk wünscht, dem deutschen Volk die Regierung Deutschlands zurückzugeben. Das amerikanische Volk will dem deutschen Volk helfen, seinen Weg zurückzufi nden zu einem ehrenvollen Platz unter den freien und friedliebenden Nationen der Welt. Klaus Hohlfeld (Bearbeitung), Dokumente der Deutschen Politik und Geschichte von 1848 bis zur Gegenwart, Bd. VI: Deutschland nach dem Zusammenbruch 1946, S. 130 ff. 1. Arbeiten Sie heraus, warum die Westdeutschen die Rede des amerikanischen Außenministers als eine Wende empfi nden konnten. 2. Beurteilen Sie, inwiefern in dem Text machtpolitische Interessen der USA zum Ausdruck kommen. 3. Entwerfen Sie einen Kommentar aus Sicht der französischen oder der sowjetischen Position und erörtern Sie die Handlungsoptionen des gewählten Staates. M4 „Trizonesien“ Im Dezember 1948 schreibt der Kölner Karl Berbuer mit dem Lied „Wir sind die Eingeborenen von Trizonesien“ einen Hit. Es wird nicht nur 1949 beim ersten Karneval nach dem Zweiten Weltkrieg gespielt, sondern stellenweise sogar als Ersatz für eine Nationalhymne bei internationalen Sportwettkämpfen in Köln: Erste Strophe Mein lieber Freund, mein lieber Freund, / die alten Zeiten sind vorbei, / ob man da lacht, ob man da weint, / die Welt geht weiter, eins, zwei, drei. / Ein kleines Häufl ein Diplomaten / macht heut die große Politik, / sie schaffen Zonen, ändern Staaten. / Und was ist hier mit uns im Augenblick? [...] Dritte Strophe Doch fremder Mann, damit du’s weißt, / ein Trizonesier hat Humor, er hat Kultur, er hat auch Geist, / darin macht keiner ihm was vor. / Selbst Goethe stammt aus Trizonesien, / Beethovens Wiege ist bekannt. / Nein, sowas gibt’s nicht in Chinesien, / darum sind wir auch stolz auf unser Land. 5 10 20 4677_1_1_2015_312-361_Kap9.indd 324 17.07.15 12:12 N r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d e C .C .B uc h er V er la gs | |
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