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632.5 Außenwirtschaftliches Gleichgewicht als wirtschaftspolitisches Ziel M25 Pro & Kontra: Sollte Deutschland den Exportüberschuss abbauen? a) Pro: Überschuss drückt Handelspartner an die Wand Deutschland hat seine internationale Wettbewerbsfähigkeit im vergangenen Jahrzehnt enorm gesteigert – allerdings auf Kosten seines Heimatmarktes. Dass Produkte „Made in Germany“ günstiger wurden, ist vor allem der Lohnzurückhaltung der Arbeitnehmer zu verdanken, und nicht dem Erfindungsreichtum seiner Ingenieure. Gewerkschaftsnahe Ökonomen wie Gustav Horn vom Institut IMK bemängeln, dass der private Konsum seit Jahren stagniert: „Wir haben einen sehr hohen Druck auf die Löhne ausgeübt, immer mit dem Argument, wir müssten unsere Exportfähigkeit steigern.“ Nach seiner Auffassung wurde von dieser Medizin zu viel eingenommen. […] Von den Handels-Verspannungen sind natürlich in erster Linie die Länder mit Reformschwächen betroffen: Griechenland, Italien, Spanien und graduell auch Frankreich. Selbstzufrieden oder gar hämisch zurücklehnen sollte sich Deutschland, das seine Agenda 2010 schon hinter sich hat, allerdings nicht. Denn Deutschland sei ja im europäischen Konvoi unterwegs und nehme auch Schaden, wenn seinen Abnehmerländern die Luft ausgehe, warnt Horn: „Wir sind an der Schwelle, ab der die Euro-Zone instabil wird.“ Mehr als 60 Prozent der deutschen Exporte gehen in andere EU-Länder. 20 25 30 5 10 15 ne ermöglicht oder verlängert, dort ein stetes Bemühen um Qualität und Kundenzufriedenheit, so dass dauerhafte Vorteile im Wettbewerb entstehen. Solche scheinbaren Ungleichgewichte zugunsten eines angeblich ausgewogenen Wachstums einzuebnen, garantierte die Friedhofsruhe der staatlich gelenkten Wirtschaft. Das gilt für die Binnenwirtschaft ebenso wie für den internationalen Handel. Der deutsche Leistungsbilanzüberschuss besteht seit Jahrzehnten, weil Deutschland netto Kapital exportiert, sieht man von wenigen Jahren nach der deutschen Einheit ab. Ist das ein Ungleichgewicht, ein Zustand ohne Beharrungsvermögen? Ist Deutschland der Vampir der Weltwirtschaft, der anderswo bösartig gesamtwirtschaftliche Nachfrage absaugt? Wohl kaum. Der Überschuss ist – im Gegensatz zu China – auch nicht Ergebnis eines gelenkten Wechselkurses, sondern Ergebnis der individuellen Entscheidungen von Millionen Unternehmen und Verbrauchern. Wissen der IWF1, die Amerikaner oder die EU-Kommission besser, was gut für diese Menschen ist, wo und bei wem sie Güter kaufen und Kapital anlegen? […] Historisch stammt die Sorge, dass Leistungsbilanzungleichgewichte per se oder im Übermaß schädlich seien, aus der Welt fester Wechselkurse, die mit dem Bretton-Woods-System 1973 verging. Weil der Wechselkurs damals nicht ausgleichen durfte, stellte sich ständig die Frage, wer die realen Anpassungslasten zu tragen hatte – das Überschussoder das Defizitland. […] Mit dem Wegfall nominaler Wechselkurse in der Europäischen Währungsunion hat Deutschland sich teils wieder in eine analoge Zwangsjacke hineinbegeben. Das erklärt zum Teil das aktuelle Aufbegehren gegen die hohen deutschen Leistungsbilanzüberschüsse. Im Kern geht es wieder darum, wer die Anpassungslast tragen soll, die Defizit-Krisenländer im Süden oder das wichtigste Überschussland im Norden des Euroraums. Die Antwort kann nur lauten: Natürlich die Krisenländer! Alles andere würde politisches und privates Fehlverhalten belohnen und in die Zukunft fortschreiben. Patrick Welter, Deutscher Exportüberschuss. Das Märchen vom Gleichgewicht, www.faz.net, 8.11.2013 1 Internationaler Währungsfonds (J Kapitel 18, M22) 85 90 95 100 55 60 65 70 75 80 Bretton-WoodsAbkommen Bezeichnung für das nach Ende des Zweiten Weltkriegs in Kraft getretene internationale Währungssystem fester Wechselkurse, in dem sich die USA verpfl ichteten, ihre Währung jederzeit in Gold einzutauschen. Die Vereinbarungen von Bretton-Woods (Ortschaft in den USA) beinhalteten auch die Einrichtung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank; sie bildeten die währungsund fi nanzpolitische Grundlage für den wirtschaftlichen Aufschwung nach dem Kriege. Dem BrettonWoods-Abkommen schlossen sich mit Ausnahme des Ostblocks nach und nach fast alle Staaten der Welt an. 1973 wurde das Bretton-WoodsAbkommen außer Kraft gesetzt (die USA hatten die Goldeinlösepfl icht aufgekündigt), die Wechselkurse wurden freigegeben. Klaus Schubert, Martina Klein, Bretton-Woods System, in: Das Politiklexikon, Bonn 2011, 5. Aufl ., S. 47 f. Nu r z u Pr üf zw ec e Ei g nt um d es C .C .B uc hn er V er la gs | |
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