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Kontroverse 541 Kontroverse Kontroverse 1: Soll die Bundesregierung die Menschenrechtslage in China bei gegenseitigen Besuchen öffentlich (deutlicher) ansprechen? Pro: Hauptsache, der Export brummt? Es werden wieder Stunden demonstrativer Harmonie sein, wenn sich deutsche und chinesische Minister am Freitag zusammensetzen: Pekings Premierminister Li Keqiang kommt mit großem Gefolge zu den dritten Regierungskonsultationen nach Berlin. Keine andere westliche Regierung lässt chinesische KP-Führer an ihren Kabinettstisch – Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre Minister tun es. Denn Peking und Berlin verbindet eine sogenannte „Strategische Partnerschaft“, wie es offiziell heißt. Gast Li sprach jüngst sogar von einem deutsch-chinesischen „Traumpaar“. Das hat alles einen guten Grund: Die Geschäfte laufen prima, und sie sollen in Zukunft noch besser laufen. Deutsche Unternehmen exportierten 2013 Waren im Wert von 67 Milliarden Euro nach China, VW und Audi erwirtschaften dort einen beträchtlichen Anteil ihrer Gewinne. China wiederum lieferte im vorigen Jahr Güter für 73 Milliarden Euro nach Deutschland. Tausende von deutschen Firmen verdienen am China-Geschäft, rund 4 000 haben dort Fertigungsstätten oder Repräsentanzen – und schaffen oder sichern somit Arbeitsplätze. Ohne China würde es den Deutschen ohne Zweifel schlechter gehen und ohne die Deutschen den Chinesen. Die Kehrseite: Jene Damen und Herren, die in Berlin zu Gast sein werden, sind verantwortlich für haarsträubende Verstöße gegen die Menschenrechte in ihrem Land. Letztes Beispiel ist das Urteil gegen den Wirtschaftswissenschaftler Ilham Tohti: lebenslange Gefängnisstrafe bekam er. Sein Vergehen: Die Forderung nach mehr Verständigung zwischen den Volksgruppen der Han-Chinesen und seinen Landsleuten, den muslimischen Uiguren. Zum Vorwurf machte ihm die KP-Justiz zudem, ausländischen Journalisten Interviews gegeben zu haben. Dutzende Blogger, Journalisten und Andersdenkende sitzen hinter Gittern. Der Träger des Friedensnobelpreises, Liu Xiaobo, ist immer noch in Haft, seine Frau darf ihre Wohnung nicht verlassen. Ihr Verbrechen: die Gattin eines Häftlings zu sein. Viele Bürgerrechtler haben sich ins Ausland abgesetzt. „Ein zentrales Anliegen der Bundesregierung bleibt die Verbesserung der Menschenrechtslage weltweit“, heißt es auf der Webseite des Auswärtigen Amts. „Sie spricht Fälle von Menschenrechtsverletzungen konsequent und offen auch in ihren Begegnungen mit der chinesischen Führung an.“ Merkel und Außenminister FrankWalter Steinmeier (SPD) werden also bei den Regierungskonsultationen mahnen – wieder einmal. Und sie werden auf den Rechtsstaatsdialog zwischen beiden Ländern verweisen. Die Antwort des Pekinger Premierministers Li wird etwa so klingen: Man werde daran arbeiten, die Menschenrechtslage in China voranzubringen, und alles daran setzen, den Aufbau des Rechtsstaats fortzusetzen. Im Übrigen verbitte man sich die Einmischung in die inneren Angelegenheiten, das gelte auch für die Belange Hongkongs. Die angekündigten Gespräche mit den Studenten dort hat Peking am Donnerstag erst einmal platzen lassen. Mahnungen, Ratschläge und gute Worte verhallen in 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 Nu r z P rü fzw ec ke n Ei g nt um d es C .C .B uc hn er V er la gs | |
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