Volltext anzeigen | |
Die Darstellung der höfi schen Welt, in der der Adel auch vor Erpressung und Mord nicht zurückschreckt, steht der Darstellung der bürgerlichen Welt gegenüber. Das Bürgertum besitzt zwar die besseren Argumente, aber es hat noch nicht die gesellschat liche Macht, sie auch durchzusetzen und gegen absolutistische Willkür zu behaupten. Ferdinand und Luise stehen durch ihre Liebe zwischen den Ständen und gehen an der Wirklichkeit zugrunde. Zimmer beim Musikus. Miller steht eben vom Sessel auf und stellt sein Violoncell auf die Seite. An einem Tisch sitzt Frau Millerin noch im Nachtgewand und trinkt ihren Kaf ee. Miller (schnell aufund abgehend) Einmal für allemal! Der Handel wird ernsthat . Meine Tochter kommt mit dem Baron ins Geschrei1. Mein Haus wird verrufen. Der Präsident2 bekommt Wind, und kurz und gut, ich biete dem Junker3 aus4. Frau Du hast ihn nicht in dein Haus geschwatzt – hast ihm deine Tochter nicht nachgeworfen. Miller Hab’ ihn nicht in mein Haus geschwatzt – hab’ ihm ‘s Mädel nicht nachgeworfen; wer nimmt Notiz davon? – Ich war Herr im Haus. Ich hätt’ meine Tochter mehr coram nehmen5 sollen. Ich hätt’ dem Major besser aut rumpfen sollen – oder hätt’ gleich alles Seiner Excellenz, dem Herrn Papa, stecken sollen. Der junge Baron bringt’s mit einem Wischer6 hinaus, das muss ich wissen, und alles Wetter kommt über den Geiger. Frau (schlürt eine Tasse aus) Possen! Geschwätz! Was kann über dich kommen? Wer kann dir was anhaben? Du gehst deiner Profession nach und raf st Scholaren7 zusammen, wo sie zu kriegen sind. Miller Aber, sag mir doch, was wird bei dem ganzen Commerz8 auch herauskommen? – Nehmen kann er das Mädel nicht – […] Da liegt der Has im Pfef er. Darum, just eben darum muss die Sach noch heut auseinander. Der Präsident muss es mir Dank wissen, wenn er ein rechtschaf ener Vater ist. Du wirst mir meinen rothen plüschenen Rock ausbürsten, und ich werde mich bei Seiner Excellenz anmelden lassen. Ich werde sprechen zu seiner Excellenz: Dero Herr Sohn haben ein Aug auf meine Tochter; meine Tochter ist zu schlecht zu Dero Herrn Sohnes Frau, aber zu Dero Herrn Sohnes Hure ist meine Tochter zu kostbar, und damit basta! – Ich heiße Miller. 1 Arbeite am Text heraus, welche Probleme Miller durch die Verbindung seiner Tochter mit dem Sohn des Präsidenten aufkommen sieht. 2 Untersuche Millers Haltung hinsichtlich der Standesgrenzen. 1 ins Geschrei kommen: hier: ins Gerede kommen 2 der Präsident: hier: leitender Minister und direkter Untergebener des Fürsten 3 der Junker: Sohn eines adligen Herrn, gemeint ist Ferdinand 4 ausbieten: Hausverbot erteilen 5 coram nehmen: zur Rede stellen 6 ein Wischer: hier: ein Tadel, ein Verweis 7 die Scholaren: die Schüler 8 der Commerz: die Angelegenheit, der Verkehr Detlef Heintze als Miller, Nationaltheater Weimar, 2005 5 10 15 20 25 223Leitgedanken der Auk lärung und ihr Weiterwirken erfassen N u r zu P rü fz w e c k e n E ig e n tu m d e s C .C . B u c h n e r V e rl a g s | |
![]() « | ![]() » |
» Zur Flash-Version des Livebooks |