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15 KO M PE TE N ZE N AN W EN DE N Kompetenzen anwenden „Der Fisch gehört nicht den Fischern“, sagt Maria Damanaki, [von 2010 – 2014] die EU-Fischereikommissarin und hat aus dieser Einsicht Konsequenzen gezogen: Zukünftig werden die Fangquoten für die europäischen Fischer weniger von der Politik, sondern von Meeresbiologen festgelegt, um eine Überischung zu verhindern – Freunde hat sie sich unter den europäischen Fischern damit nicht gemacht. Was das Vorhaben der EU, die Überischung der Meere zu verhindern, so schwierig macht, ist der Umstand, dass die Kontrolle dieser Fischereigründe ebenso wie der Ausschluss einzelner Fischer nahezu unmöglich sind, doch jeder zusätzliche Fischer schmälert den Fang der anderen Fischer und trägt zur Überischung bei. Dieses Problem hat einen Namen: Fischereigründe sind – ähnlich wie Weiden oder Waldstücke – oft eine besondere Spielart von Gütern, sogenannte Allmende-Güter, die sich durch zwei Eigenschaften auszeichnen: Erstens kann man niemanden von dessen Nutzung ausschließen, und zweitens beeinträchtigt die Nutzung dieser Allmende durch einen Nutzer den Nutzen aller anderen. Jeder Fang, den ein Fischer macht, ist ein Fang, den sein Konkurrent nicht mehr machen kann. Für Ökonomen enden solche Güter in einer Tragödie: Wenn man weiß, dass man umso weniger Fische fängt, je mehr Fische der Nachbar fängt, wird man versuchen, möglichst viel Fische zu fangen, bevor es die anderen tun. Leider denken die anderen genauso, die Folge: überischte Gewässer und abgegraste Weiden. Fast 50 Prozent der Arten im Atlantik seien überischt, sagt Frau Damanaki – ein typisches Allmende-Problem. Wenn alle Fischer sich darauf verständigen könnten, weniger zu ischen, würde es allen besser gehen. Dieses Dilemma wird als „Die Tragödie der Allmende“ bezeichnet, und Ökonomen sehen nur zwei Lösungen: Verstaatlichung oder Privatisierung. Wenn der Staat den Fischern Fangquoten vorschreibt oder der Fischgrund jemandem gehört, kann man in beiden Fällen die Überischung des Fanggrundes verhindern – durch Gesetze und Verbote. […] Doch Elinor Ostrom, die erste weibliche Trägerin des Nobel-Gedächtnispreises für Wirtschaftswissenschaften, untersuchte reale Allmende-Tragödien in den Hochgebirgsweiden und -wäldern im Alpenraum, in türkischen Fischgründen, bei Bewässerungsprojekten auf Sri Lanka oder bei Grundwasserbecken in Kalifornien – und fand heraus, dass die betroffenen Bauern, Anwohner oder Fischer das Allmende-Problem lösten, ohne Staat oder Privatbesitz. Die jeweiligen Nutzer der Allmende setzten sich zusammen und fanden Wege und Regelungen, miteinander zu kooperieren, und konnten die Tragödie verhindern. Ostroms Forschungsprogramm zeigte auf, wann und unter welchen Umständen dieser dritte Weg beschritten werden kann und komplexe Systeme sich selbst organisieren. Hanno Beck, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 23.2.2014 Rettet die Fische! Erläutern Sie in der Fachsprache der Ökonomie das dargestellte Marktversagen. 2 Beurteilen Sie kriterienorientiert die angesprochenen Lösungsmaßnahmen. Denkbar sind z. B. die Kriterien Efizienz, Marktkonformität und Nachhaltigkeit. Aufgaben 40 45 50 55 60 65 70 5 10 15 20 25 30 35 N u r zu P rü fz e c k e n E ig e tu m d e s C .C . B u c n e r V e rl a g s | |
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