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31 KO M PE TE N ZE N AN W EN DE N Kompetenzen anwenden Mehr als die Hälfte der Kassenpatienten wartet beim Facharzt länger als vier Wochen auf einen Termin oder bekommt überhaupt keinen – sofern sie keine dringenden Notfälle sind. Aber wieso dauert es so lange, bis man zur ganz normalen Untersuchung von Rückenschmerzen beim Orthopäden vorgelassen wird? Wieso wurden wir von Kinderärzten und Psychotherapeuten gar reihenweise abgewiesen? Daran ist natürlich nicht in erster Linie der einzelne Arzt schuld. Es hat vor allem damit zu tun, dass die Versorgung mit niedergelassenen Ärzten kein freier Markt ist wie etwa die Versorgung mit Lebensmitteln. Sind in einem Supermarkt regelmäßig die Schlangen an der Kasse viel zu lang, gehen die Leute woandershin. Wächst irgendwo plötzlich der Bedarf an Schokolade, Käse und Äpfeln, eröffnet ein neuer Supermarkt. Bei den Ärzten geht das nicht. Die Zahl der Praxen ist beschränkt, den Bedarf bestimmen die Krankenkassen gemeinsam mit den Kassenärztlichen Vereinigungen. Letztere sind die Selbstverwaltung der Ärzte, aber auch eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die restriktive Bedarfsplanung ist schuld, dass in vielen Städten in Deutschland eine neue Praxis nur eröffnen kann, wenn eine alte schließt. Wieso ist man so restriktiv? Das liegt daran, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen ihren Ärzten ein Auskommen sichern wollen. Sie sind es, die auch das Honorar verteilen. Von den Krankenkassen bekommen sie eine feste Summe, die auf alle Ärzte verteilt wird. Lässt man nun mehr Ärzte zu und werden dann insgesamt mehr Leistungen erbracht, weil etwa langes Warten wegfällt, dann gibt es ein Problem: Es ist trotzdem nicht mehr Geld da. Also bekommt jeder einzelne Arzt im Schnitt weniger für die gleiche Leistung. Das wollen die Ärzte natürlich nicht. Mit der Marktzutritts-Beschränkung sichern sie, dass jeder Arzt ein Auskommen hat, ein Auskommen, das im Schnitt dem eines Oberarztes in einer deutschen Klinik entspricht. Würde man den Ärzten gestatten, sich unbeschränkt niederzulassen, so wäre das gefährdet. Das verhindern die Ärztevertreter – und haben zur weiteren Dämpfung der Leistungs-Steigerung noch etwas eingeführt: Jede Praxis hat ihr eigenes Budget. Überschreitet sie eine bestimmte Zahl an Kassenpatienten, wird ihr für jeden neuen Patienten weniger gezahlt. […] Sein Einkommen nach oben steigern kann der Arzt mit Kassenpatienten nur mäßig. Besser geht das mit Privatpatienten oder mit den Leistungen, die Patienten selbst bezahlen. Dafür gibt es keine Budgets, jede Leistung wird einzeln bezahlt statt als Kopfpauschale, und sie wird oft besser bezahlt. Kein Wunder, dass die Ärzte Privatpatienten und Selbstzahler bevorzugen. […] Schließlich ist eine Arztpraxis ein kleines Unternehmen, das gewinnorientiert arbeitet. Lisa Nienhaus, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 15.6.2014, S. 20 Wieso müssen Patienten lange auf einen Arzttermin warten? 40 45 50 55 60 65 70 5 10 15 20 25 30 35 Arbeiten Sie unter Berücksichtigung der Elemente der Wirtschaftsordnung der Sozialen Marktwirtschaft heraus, wieso Patienten lange auf einen Arzttermin warten müssen. 2 Erörtern Sie, was sich ändern müsste, damit Patienten nicht mehr so lange auf einen Arzttermin warten müssen. Aufgaben N u r zu P rü fz w e c k e E ig e n tu m d e s C .C . B u c n r V e rl a g s | |
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