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155Die absolute Monarchie am Beispiel Ludwigs XIV. i Wie die merkantilistische Wirtschaft funktionieren sollte. M2 Grundsätze der Colbert’schen Wirtschaftspolitik Jean-Baptiste Colbert (1619 1683) wird nach 1661 wichtigster Mitarbeiter Ludwigs XIV. 1664 verfasst er eine Denkschrift, in welcher er die Grundlagen staatlicher Wirtschaftspolitik darlegt. Viele der Vorschläge werden in den nachfolgenden Jahrzehnten verwirklicht. Ich glaube, man wird ohne Weiteres in dem Grundsatz einig sein, dass es einzig und allein der Reichtum an Geld ist, der die Unterschiede an Größe und Macht zwischen den Staaten begründet. Was dies betrifft, so ist es sicher, dass jährlich aus dem Königreich einheimische Erzeugnisse (Wein, Branntwein, Weinessig, Eisen, Obst, Papier, Leinwand, Eisen waren, Seide, Kurzwaren) für den Verbrauch im Ausland im Wert von 12 bis 18 Millionen Livres hinausgehen. Das sind die Goldminen unseres König reiches, um deren Erhalt wir uns sorgfältig bemühen müssen. […] Außer den Vorteilen, die die Einfuhr einer größeren Menge Bargeld in das Königreich mit sich bringt, wird sicherlich durch die Manufakturen eine Million zurzeit arbeitsloser Menschen ihren Lebensunterhalt gewinnen. Eine ebenso beträchtliche Anzahl wird in der Schifffahrt und in den Seehäfen Verdienst fi nden, und die fast unbegrenzte Vermehrung der Schiffe wird im gleichen Verhältnis Größe und Macht des Staates vermehren. Dies sind die Ziele, nach denen der König meines Erachtens aus guter Gesinnung und Liebe zu seinem Volk streben sollte. Als Mittel, sie zu er reichen, schlage ich vor: Durch einen Conseil beschluss1 mit Beteiligung des Königs möge Seine Majestät allen Untertanen seinen Entschluss verkünden. Alle im Dienst des Königs Stehenden sollen die Vorteile, die den Untertanen des Königs daraus erwachsen, öffentlich erörtern; die am Hof erscheinenden Kaufl eute sollten mit allen An zeichen der Gewogenheit und des guten Willens empfangen, in allen Angelegenheiten ihres Handels un terstützt und zuweilen, wenn sie mit wichtigen An gelegenheiten kommen, im Conseil Seiner Majestät gehört werden. […] Es sollte jährlich eine bedeutende Summe für Wiederherstellung der Manufak turen und die Förderung des Handels durch Conseilbeschluss ausgeworfen werden. Desgleichen bezüglich der Schifffahrt: Zahlung von Gratifi kationen2 an alle, die neue Schiffe kaufen oder bauen oder große Handelsreisen unternehmen. Die Landstraßen sollten ausgebessert, die Zollstationen an den Flüssen aufgehoben, die kommunalen Schulden weiterhin abgelöst werden. Man bemühe sich unablässig, die Flüsse im Innern des Königreiches schiffbar zu machen, soweit sie es noch nicht sind; man prüfe sorgfältig die Frage einer Verbindung der Meere. Zitiert nach: Fritz Dickmann (Hrsg.), Renaissance, Glaubenskämpfe, Absolutismus. Geschichte in Quellen, Bd. 3, hrsg. von Manfred Schlenke und Wolfgang Lautemann, München 31982, S. 448 1. Fassen Sie die Ziele und Mittel Colbert’scher Wirtschaftspolitik aus dem Text und der Karte zusammen. 2. Der englische Wirtschaftsphilosoph Adam Smith schreibt 1776: „Räumt man alle Begünstigungsund Beschränkungssysteme völlig aus dem Weg, so stellt sich die natürliche Freiheit in der Wirtschaft von selbst her und die Wirtschaft eines Landes wird so am besten blühen. Das Staatsoberhaupt wird so ganz von der Pfl icht entbunden, den Gewerbefl eiß der Untertanen zu überwachen und in den Wirtschaftsablauf einzugreifen.“ Vergleichen Sie den Grundgedanken von Adam Smith mit dem entsprechenden Grundsatz von Colbert. Welche Einwände hätte ein Verfechter des Merkantilismus gegen den Vorschlag von Adam Smith erhoben? 1 Conseilbeschluss: Beschluss des königlichen Rates 2 Gratifi kation: zusätzliches Entgelt zu besonderen Anlässen 5 10 15 20 25 30 35 40 Nu r z ur Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C . B uc hn er V er la gs | |
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