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76 4 Europäische Wirtschaftsund Sozialpolitik – mehr als nur ein gemeinsamer Markt O R IE N TI E R U N G S W IS S E N Wirtschaftspolitik ist der Politikbereich, in dem die Vergemeinschaftung im Rahmen der EU am weitesten vorangeschritten ist. Der Grundgedanke des gemeinsamen Marktes ist bereits Teil der Römischen Verträge von 1957. 1968 entfielen innerhalb der Europäischen Gemeinschaft die Binnenzölle. 1993 wurden durch die gegenseitige Anerkennung nationaler Regelungen die meisten verbliebenen Handelshemmnisse aufgehoben. Bei der Gründung der Europäischen Gemeinschaft war ein politisches Motiv für die gemeinsame Wirtschaftspolitik ausschlaggebend: Die enge wirtschaftliche Verflechtung erzeugt wechselseitige Abhängigkeit, die zu politischer Stabilität führt. Daneben haben ökonomische Gesichtspunkte aber immer stärkeres Gewicht gewonnen: Gemäß der Theorie des Freihandels steigert der freie Austausch von Waren und Dienstleistungen den Wohlstand aller Beteiligten. Arbeitsteilung und Konkurrenz sollen zu einer höheren Produktvielfalt und günstigeren Preisen führen. Das Ausmaß der durch den Binnenmarkt bewirkten Wohlstandssteigerung ist allerdings schwer zu bestimmen, weil Wachstum und Beschäftigung von vielen weiteren Faktoren beeinflusst werden. Im europäischen Binnenmarkt lassen sich vier Freiheiten unterscheiden: • Freier Personenverkehr: Primär gilt diese Freizügigkeit den Arbeitskräften, die in der EU weitgehend uneingeschränkt arbeiten oder nach Stellen suchen dürfen. Für Unternehmen gilt eine EU-weite Niederlassungsfreiheit. • Freier Warenverkehr: Die durch das Verbot von Binnenzöllen und mengenmäßigen Handelsschranken begründete Warenverkehrsfreiheit ist unter den vier Freiheiten die am weitesten entwickelte. Die wichtigste Grundregel des Binnenmarktes ist, dass eine Ware, die in einem Land legal in den Verkehr gebracht worden ist, auch in allen anderen EU-Ländern verkauft werden darf. • Freier Dienstleistungsverkehr: Die Möglichkeit, Dienstleistungen grenzüberschreitend anbieten zu dürfen, ist insbesondere für die Transportbranche, aber auch für das Handwerk relevant. • Freier Kapitalverkehr: Kapitalanlage und Kreditaufnahme sind EU-weit möglich, ohne dass dadurch jedoch die nationalen Steuerregelungen außer Kraft gesetzt werden. Auch wenn die vier Freiheiten als Prinzipien bereits lange in den europäischen Verträgen verankert sind, ist ihre Durchsetzung und Ausgestaltung keineswegs abgeschlossen. So wird z. B. die Freizügigkeit außer durch sprachliche Hürden auch durch die noch unvollständige Anerkennung von Bildungsabschlüssen und Berufsqualifikationen sowie durch die eingeschränkte Kompatibilität sozialer Sicherungssysteme behindert. Die konkrete Reichweite der vier Freiheiten ist häufig Gegenstand von juristischen Auseinandersetzungen. Der EuGH, der viele Fragen letztinstanzlich entschieden hat, hat durch seine Urteile wesentlich zu einer Durchsetzung der vier Freiheiten gegenüber anderen Rechtsgütern beigetragen. Binnenmarkt als Kern der EU Motive für den Freihandel Vier Freiheiten M 1 Raum für weitere Integration M 2 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C . B uc hn r V er la gs | |
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