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263 In der Geschichtswissenschaft sind in den letzten 30 Jahren intensiv die Themen Nationsbildung und Nationalismus erforscht worden. Seit dem Beginn des 19. Jahrhundert formierten sich in zahlreichen europäischen Regionen Nationalbewegungen, die einen eigenen Nationalstaat anstrebten. Derartige Staaten entstanden teilweise schon seit der Mitte des 19. Jahrhunderts (Italien und das Deutsche Reich), teilweise aber auch erst nach dem Ende des Ersten Weltkrieges (zum Beispiel Polen, die Tschechoslowakei oder weitere Staaten in Ostund in Ostmitteleuropa). Die Bildung dieser Nationalstaaten war sehr häufi g von Kriegen und Gewalt begleitet. Auch war keineswegs immer eindeutig klar, wie die Grenzziehungen verlaufen sollten, weil in vielen europäischen Regionen sprachlich gemischte Bevölkerungen existierten, die keineswegs einfach einer einheitlichen „Nation“ zugeordnet werden konnten. Die Zeit zwischen den Weltkriegen war außerdem durch eine tiefe Krise in vielen europäischen Gesellschaften gekennzeichnet: 1918/19 hatte sich scheinbar die Demokratie fast überall durchgesetzt, kurz vor dem Beginn des Zweiten Weltkrieges waren Demokratien in Europa selten geworden. Einen Höhepunkt erreichte der gewalttätige Nationalismus im Zweiten Weltkrieg, wo er sich in Deutschland unter dem nationalsozialistischen Regime mit einem mörderischen Rassismus vermischte. Der Völkermord an den Juden und eine extrem brutale Besatzungspolitik in Polen und in anderen Regionen Ostund Mitteleuropas waren die Folge. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges nahmen die Siegermächte umfangreiche Umsiedlungen und Vertreibungen von ganzen Völkern vor. Nach 1945 ging der Nationalismus in Europa aber langsam zurück, auch wenn er niemals völlig verschwand. Statt abgeschotteter Nationalstaaten entstanden zunächst im Westen langsam überstaatliche Organisationen wie die Montanunion, die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und die Europäische Union. In diesem Kapitel erwerben Sie die Kompetenz, • die Herausbildung des deutschen Nationalstaates im 19. Jahrhundert zu erläutern, • die Entwicklung des nationalen Gedankens und des Nationalstaates in Polen zu erörtern, • die Etappen auf dem Weg zum deutschen und polnischen Nationalstaat zu vergleichen, • den Nationalstaat als ein Konfl iktfeld zu beschreiben und zu analysieren, • das deutsch-polnische Verhältnis vom 19. bis zum 21. Jahrhundert zu charakterisieren. Zur Methoden-Kompetenz siehe Seite 280 bis 282 („Historische Urteilsbildung“) und Seite 311 bis 313 („Fotografi e“). Zum Kompetenzerwerb im Hinblick auf „Nation – Begriff und Mythos“ siehe den entsprechenden Theorie-Baustein auf Seite 314 bis 319. Über die Deutungen des deutschen Selbstverständnisses im 19. und 20. Jahrhundert informiert der Theorie-Baustein auf Seite 352 bis 357. Wichtige Namen • Konrad Adenauer • Otto von Bismarck • Willy Brandt • Roman Dmowski • Giuseppe Garibaldi • Heinrich Himmler • Paul von Hindenburg • Adolf Hitler • Helmut Kohl • Klemens Wenzel Fürst von Metternich • Napoleon III. • Józef Piłsudski • Josef Stalin • Wilhelm I. • Wilhelm II. Wichtige Begriffe • Deutscher Bund • Frankfurter Nationalversammlung • Hambacher Fest • Imperialismus • Nation • Nationalbewegung • Nationalismus • Reichsnationalismus • Risorgimento • Schlacht bei Tannenberg • Versailler Vertrag • Vormärz Auf einen Blick 32017_1_1_2016_Kap3_260-357.indd 263 04.05.16 10:44 Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C . B uc hn er V er la gs | |
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