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341Deutsche und polnische Geschichte nach 1945 darüber geredet, dass sehr viele Polen ähnliche Erfahrungen wie die Deutschen hatten machen müssen. Anfangs bestanden bei den deutschen Vertriebenen, von denen sich in der Bundesrepublik viele in politisch aktiven Vereinen organisierten, die Hoffnung, dass irgendwann eine Rückkehr in die alte Heimat möglich sein würde. Schon in den 1950er-Jahren wurde aber immer klarer, dass die neue Oder-Neiße-Grenze als polnische Westgrenze endgültig sein würde. Diese Gewissheit war für viele Deutsche schwer zu ertragen und wurde nur langsam akzeptiert. Die Westintegration der Bundesrepublik Deutschland Als die Bundesrepublik im Jahre 1949 gegründet wurde, war klar, dass das neue Land in irgendeiner Weise in internationale Organisationen eingebunden werden musste. Bundeskanzler Konrad Adenauer strebte in erster Linie eine Aussöhnung mit Frankreich an. Schon während des Krieges war innerhalb der westlichen Widerstandsbewegungen und in den Regierungen darüber diskutiert worden, wie man die Deutschen in ein neues Europa einfügen könnte. Auch war vielen Politikern bewusst, dass ganz neue Wege beschritten werden mussten, um eine Wiederholung der katastrophalen Ereignisse der Weltkriege zu vermeiden. 1951 wurde auf Initiative des französischen Außenministers Robert Schuman die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (kurz Montanunion, Mitglieder: Frankreich, Italien, die Bundesrepublik, Belgien, Niederlande und Luxemburg) gegründet. Eine Idee bestand darin, die Zölle für diese Produkte untereinander abzubauen. Zugleich wurde jede geheime deutsche Wiederaufrüstung unmöglich, weil die Franzosen Einblick in die deutsche Schwerindustrie erhielten. Ein Versuch, 1952 mit der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) eine gemeinsame europäische Armee aufzustellen, scheiterte 1954 am Veto des französischen Parlaments – die Idee war zu ehrgeizig und verfrüht gewesen. Deshalb wurde zunächst die wirtschaftliche Integration vorangetrieben. Diese Bemühungen gipfelten in der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG): 1957 wurden feierlich die Römischen Verträge unterzeichnet. In ihnen legten die sechs Länder der Montanunion eine enge wirtschaftliche Kooperation fest, bauten weitere Zollschranken ab und einigten sich über liberale Handelsregeln. Die EWG erwies sich als sehr erfolgreich und legte den Grundstein zu einer vertieften Zusammenarbeit auch mit anderen europäischen Staaten. Zugleich wurde schon seit den 1960er-Jahren darüber diskutiert, ob die ökonomische Kooperation durch eine verstärkte politische Zusammenarbeit ergänzt werden sollte. Ein erster Schritt in diese Richtung war das Europäische Parlament, das zum ersten Mal 1979 gewählt wurde. Anfangs hatte dieses Gremium nur wenige Befugnisse, doch wurden dessen Rechte in den folgenden Jahrzehnten langsam erweitert. Nach dem Schengener Abkommen von 1985 wurden schrittweise die Pass und Zollkontrollen an den innereuropäischen Grenzen abgeschafft. Der Fall der Berliner Mauer und die Wiedervereinigung Deutschlands erzwangen dann eine weitere Reform. Im Vertrag von Maastricht wurde 1992 die Europäische Union (EU) gegründet. Die Idee, neben der Wirtschaftspolitik auch eine gemeinsame Außenund Sicherheitspolitik zu betreiben, kam in den folgenden Jahren aber nur sehr langsam voran. Hinweis: Zur polnischen Zwangsmigration im Umfeld des Zweiten Weltkrieges siehe Seite 171 f. Konrad Adenauer (1876 1967): 1917 1933 katholischer Oberbürgermeister von Köln, 1948 Vorsitzender des Parlamentarischen Rates, 1950 1966 Mitbegründer und Bundesvorsitzender der CDU, 1949 1963 Bundeskanzler, 1951 1955 zugleich Bundesaußenminister i Beitrittsdaten zur EWG, EG und EU. 1957 Gründungsmitglieder: Frankreich, Bundesrepublik Deutschland, Italien, Belgien, Niederlande, Luxemburg 1973 Großbritannien, Dänemark, Irland 1981 Griechenland 1986 Spanien, Portugal 1995 Finnland, Schweden, Österreich 2004 Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, Slowenien, Slowakei, Ungarn, Malta, Zypern 2007 Rumänien, Bulgarien 2013 Kroatien 32017_1_1_2016_Kap3_260-357.indd 341 04.05.16 10:45 Nu r z u Pr üf zw ec n Ei g nt um d es C .C . B uc hn er V er la gs | |
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