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47Der Erste Weltkrieg und seine Folgen Der Erste Weltkrieg und seine Folgen Die Frage der Kriegsschuld Am 28. Juni 1919 wurde der Versailler Vertrag unterzeichnet, der die Friedensregelungen für Deutschland traf und der den Ersten Weltkrieg beendete. Nach Artikel 231 war alleine das Deutsche Reich für den Ausbruch dieses Krieges verantwortlich. Diese Annahme stieß in der Weimarer Republik1 bei fast allen Parteien auf vehementen Widerstand. Auch unter Historikern entstanden schon bald komplizierte Forschungsdebatten, die sich mit der Frage der Kriegsschuld befassten. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges setzte sich international vorübergehend die These durch, dass alle eigentlich gegen ihren Willen in den Krieg hineingeschlittert seien. Diese Auffassung wurde in den 1960er-Jahren von dem Hamburger Historiker Fritz Fischer infrage gestellt, der die Meinung vertrat, die Reichsregierung habe den Krieg lange geplant und bewusst herbeigeführt, da ihre Weltpolitik in eine Sackgasse geraten sei. Das Deutsche Reich habe 1914 nach der „Weltmacht“ gegriffen. Diese These löste eine weitere mehrjährige Debatte aus. Heute besteht unter Historikern weitgehende Einigkeit darüber, dass die Thesen von Fritz Fischer zu zugespitzt waren. Nachdem der österreichische Thronfolger Franz Ferdinand am 28. Mai 1914 in Sarajewo von einem serbischen Terroristen ermordet worden war, verfolgte die deutsche Regierung eine sehr riskante Strategie, weil sie in der sogenannten Julikrise die Konfl ikte auf dem Balkan, die sich nach dem Mord abzeichneten, bewusst verschärfte. Einen Weltkrieg wollte sie wohl nicht beginnen, sie trug aber die „initiierende Verantwortung“ – so der Historiker Klaus Hildebrand – dafür, dass sich die Krise erheblich zuspitzte. In einem Buch, das 2012 unter dem Titel „Die Schlafwandler. Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog“ erschien, zeigte der in Cambridge lehrende australische Historiker Christopher Clark, dass in allen beteiligten Staaten Kriegsparteien bestanden, die bewusst auf einen großen Konfl ikt hinarbeiteten. Clark argumentierte auch, dass in den entscheidenden Momenten zahlreiche Politiker in mehreren Ländern einfach überfordert waren: Sie mussten schnell weitreichende Entscheidungen treffen, ohne genug Zeit zu haben, ausreichende Informationen einzuholen und die Konsequenzen ihres Handelns sorgfältig zu durchdenken. Hinzu kam, dass die zahlreichen Krisen zuvor die jeweiligen Friedensparteien deutlich geschwächt hatten und internationale Kompromisse immer schwieriger geworden waren. Im Juli 1914 konnten sich vor allem im Deutschen Reich und in Österreich-Ungarn gemäßigte Politiker in den Regierungen gegenüber den Militärs, die massiv auf einen sofortigen Krieg drängten, nicht mehr durchsetzen (u M1 und M2). Der deutsche Nationalismus im Ersten Weltkrieg Im Moment des Kriegsausbruches gab es kaum offene Opposition.2 Vor allem deutsche Intellektuelle äußerten sich offen kriegshetzerisch (u M3). Die Sozialdemokratie demonstrierte zwar Ende Juli 1914 für den Frieden, stellte sich dann aber fast geschlossen hinter die Regierung, die den „Burgfrieden“ verkündete. Innenpolitische Konfl ikte sollten bis zum Ende des Krieges zurücktreten oder ganz aufhören. Vor allem die Gefahr, dass das verhasste autoritäre zaristische Russland den Krieg gewinnen könne und dass dann alle Vorteile verloren gehen würden, die die Arbeiterbewegung im Deutschen Reich mühsam erkämpft hatte, war für das Verhalten der Arbeiterschaft verantwortlich. Einige Historiker betonen neuerInternettipp Ausführliche Informationen zum Ersten Weltkrieg von den Kriegsursachen bis hin zu den Friedensschlüssen fi nden Sie unter dem Code 7317-03. 1 Zur Weimarer Republik siehe ausführlich das Kapitel auf Seite 104 bis 131. 2 Zum sogenannten „Augusterlebnis“ im Deutschen Reich siehe den Methoden-Baustein „Fotografi e“ auf Seite 59. Nu r z u Pr üf zw ck en Ei ge tu m d s C .C .B uc hn er V er la gs | |
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