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Der aufgeklärte Absolutismus Wie passen Absolutismus und Aufklärung zusammen? Diese Frage scheint berechtigt. Denn in der absoluten Monarchie stieg der Herrscher zum alleinigen Inhaber der Souveränität auf, der sich sogar über Gesetze hinwegsetzen durfte. Die Aufklärer hingegen vertraten die Auffassung, dass jede legitime Herrschaft auf dem Vertrag des Herrschers mit den Untertanen beruhe, dass die staatliche Gewalt zu teilen sei und dass alle sich dem Recht zu beugen hätten. Das waren unvereinbare Gegensätze. Dennoch besteht eine Verbindung. Die Herrschaftsform des Absolutismus, wie sie im 17. Jahrhundert entstanden war, wurde nämlich im Lauf des 18. Jahrhunderts durch Reformimpulse aus der Gedankenwelt der Aufklärung verändert. Die absolutistischen Könige oder Fürsten behielten ihre uneingeschränkte Regierungsgewalt, bemühten sich allerdings, für mehr Wohlstand in ihren Staaten zu sorgen. Die Ziele kamen aus dem aufgeklärten Denken, das die Herrscher wie ihre Berater meist schon während der Ausbildung kennenlernten. Sie strebten rationale, also aus der Vernunft begründete Reformen an, in Wirtschaft, Verwaltung, Bildung, in der Justiz und im Militärwesen. Klar erkennbar bildete sich der aufgeklärte Absolutismus ab der Mitte des 18. Jahrhunderts aus, vor allem in Brandenburg-Preußen unter König Friedrich II. und in Österreich unter Kaiser Joseph II. Preußen und Österreich lieferten auch das Vorbild für die kleineren Staaten im Reich und in Italien (u M1, M2). Brandenburg-Preußen Friedrich II. richtete in einer langen Regierungszeit von 1740 bis 1786 sein Augenmerk auf die Verwaltung, das Militär, die Wirtschaft und die Justiz. „Eine gut geleitete Staatsregierung muss ein ebenso festgefügtes System haben wie ein philosophisches Lehrgebäude“, notierte er in seinem politischen Vermächtnis 1752. Einerseits betrachtete Friedrich II. sich als den „ersten Diener des Staates“, andererseits aber hielt er den Staat für sein Eigentum. Er praktizierte eine herrische, aus seiner Sicht rationale Selbstregierung. Der Staat war für ihn – anders als noch für Ludwig XIV. von Frankreich – eine von der Person des Herrschers gelöste Einheit. Friedrich II. beließ die Verwaltung Preußens in der strengen Hierarchie, wie er sie 1740 vorgefunden hatte, überwachte sie aber schärfer. Das stehende Heer erweiterte er bis 1780 von 80 000 auf 203 000 Mann (u M3). Die Soldaten ließ er rücksichtsloser prügeln und drillen, als dies sonst in Europa üblich war. Sie sollten lernen, sich auf dem Schlachtfeld schneller zu bewegen und zu schießen als ihre Gegner. Der König erreichte sein Ziel; wie so oft war ihm die Effi zienz der Mittel wichtiger als ethische Bedenken. Mit Geschick und Glück nutzte er dann auch sein Militärpotenzial, um das Staatsgebiet Preußens erheblich zu vergrößern. Im Siebenjährigen Krieg sicherte er den Besitz Schlesiens, das zuvor zu Habsburg-Österreich gehört hatte, 1772 annektierte er das zuvor polnische Westpreußen mit Kulm und Ermland. Friedrich II. gewann diese Gebiete durch einen Angriffskrieg und durch Gewalt. Dennoch beeindruckte er seine Zeitgenossen wie die Nachwelt durch seine Kühnheit und Intelligenz. Unbestreitbare Fortschritte erzielte er in der Wirtschaftspolitik. Haushaltspläne ermöglichten die bessere Abstimmung von Einnahmen und Ausgaben. Er betrieb einen gezielten Landesausbau, die Trockenlegung von Sumpfgebieten und die Anlage von 900 Dörfern. So konnte er 300 000 Menschen in seinem Staatsgebiet neu ansiedeln, darunter 20 000 Hugenotten aus Frankreich. Seine Verwaltung unterstützte planmäßig den Handel, den Bergbau und das Textilgewerbe, vorwiegend durch den Bau von Straßen und Kanälen. Joseph II. (1741 1790): Kaiser seit 1765. Er regierte in den österreichischen Erblanden bis 1780 gemeinsam mit seiner Mutter, Kaiserin Maria Theresia. Sie lehnte seine vom aufgeklärten Absolutismus bestimmte Reformpolitik ab. Friedrich II., der Große (1712 1786): 1740 1786 König von Preußen. Nach seinem Regierungsantritt eroberte er Schlesien. Friedrich der Große regierte im Sinne des aufgeklärten Absolutismus, verbesserte Verwaltung, Rechtswesen und Landwirtschaft. i Joseph II. Gemälde des österreichischen Malers Anton von Maron, 1775. 149 Der aufgeklärte Absolutismus Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei g nt um d es C .C .B uc hn er Ve rla gs | |
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