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verfahren von der Ekklesía selbst entschieden. Dazu wurde ein Volksgericht gebildet, dessen 6 000 Mitglieder alljährlich neu gelost wurden. Einen Ausschuss der Ekklesía stellte der auf Kleisthenes zurückgehende Rat der 500 (Boulé) dar. Jeder Athener konnte zweimal in seinem Leben Ratsherr werden. Das Gremium, in das jede Phyle für ein Jahr 50 geloste Ratsherren entsandte, arbeitete Beschlussvorlagen für Gesetze oder Verträge aus und bereitete die Versammlung vor. Die Ekklesía konnte die Ratsvorlagen jederzeit verändern oder ersetzen. Der Rat kontrollierte im Auftrag der Volksversammlung auch die Beamten und empfi ng die Gesandtschaften. Durch die Prytanie war die Polis zu jeder Tagesund Nachtzeit handlungs fähig. Im monatlichen Wechsel stellten jeweils 50 aus jeder Phyle geloste Ratsherren (Prytanen) das höchste Organ Athens. Der täglich durch das Los neu bestimmte Vorsitzende der Prytanie leitete auch die Volksversammlung und fungierte als „Staatsoberhaupt“ Athens. Eine zweite Amtszeit war für ihn ausgeschlossen. Die Verwaltung der Stadt übernahmen ca. 700 durch das Los bestimmte Beamte. Ihre Aufgabenbereiche waren eng beschnitten. Die Amtszeit betrug maximal ein Jahr. Jeden Monat legten die Beamten vor dem Rat Rechenschaft ab. Bei Beanstandungen drohte ihnen Anklage. Herrschaft des Volkes Den Reformen des Kleisthenes und des Perikles verdankte die Bürgerschaft Athens den Aufstieg zum uneingeschränkten staatlichen Souverän. Die Verfassung sicherte dem Volk die ungeteilte, direkte Macht und verhinderte die Herrschaft Einzelner über das Volk. Im Sinne dieser demokratischen Gleichberechtigung war es konsequent, dass Athen den Bürgern für die Teilnahme an der Politik schließlich Diäten (Tagegelder) zahlte. In ihren Genuss kamen Ratsherren, Richter und Besucher der Volksversammlung. Die Diäten sollten verhindern, dass drohender Verdienstausfall arme Bürger von der Teil nahme an der Demokratie abhielt. In der Staatsform, die alle Macht in der frei entscheidenden Volksversammlung konzentrierte, kam dem Prozess der Willensbildung und Entscheidungsfi ndung in der Versammlung höchste Bedeutung zu. Redefreiheit und -recht hatten prinzipiell alle Bürger. Aber nur eine Minderheit machte davon wirklich Gebrauch, die Mehrheit blieb passiv und nahm nur ihr Abstimmungsrecht wahr. Entscheidungen kamen durch die in der Versammlung wirkenden Kräfte, die Redner und Reden, zustande. In der frühen Demokratie verschaffte dies den in Rhetorik und öffent lichem Auftreten erfahrenen Adligen Vorteile. Zunehmend wurden die entscheidenden Richtlinien der Politik nicht mehr in institutionellen Ämtern bestimmt, sondern es kam darauf an, sich immer wieder neu in der Volksversammlung und im Rat mit seinen Vorschlägen durchzusetzen. Wem dies durch Einfl uss und rhetorisches Geschick häufi g gelang, der galt als „Demagoge“. Der Begriff besaß zunächst keinen negativen Beiklang. Perikles ist ein Beispiel dieses Politikstils: Er selbst blieb oft im Hintergrund, ließ Entscheidungen durch seine Anhänger herbeiführen und trat selbst nur in wichtigen Situationen auf (u M2). Gleichzeitig sicherte er seine in der Verfassung nicht vorgesehene Stellung ab, indem er regelmäßig das einzige noch durch Wahl vergebene Amt, das des Strategen, bekleidete, das dadurch zunehmend einen politischen Charakter gewann. Wahl Los turnusmäßiger Wechsel Los Los Geschäftsführende Regierung (Prytanie) Ratsausschuss der 50 Prytanen einer Phyle (Amtszeit ein Zehntel Jahr) Vorsitzender der Regierung (Prytanie) und der Volksversammlung (Amtszeit 1 Tag) Volksversammlung mindestens 6 000 Anwesende; alle männlichen Bürger Athens über 20 Jahre sind rede-, stimmund antragsberechtigt; 30 bis 40 Pflichtsitzungen im Jahr; entscheidet alle politischen Fragen: Gesetze, Krieg und Frieden, Wahl der Strategen und der höchsten Finanzbeamten, Finanzfragen Scherbengericht (Ostrakismos) Abstimmung über die 10jährige Verbannung eines führenden Politikers, der die demokratische Ordnung gefährden könnte 10 Heerführer (Strategen) einer pro Phyle (Amtszeit 1 Jahr; wieder wählbar) übrige Beamte mindestens 2 gemeinsam haftbare Kollegen mit minimalen Aufgabengebieten (Amtszeit max. 1 Jahr) monatliche Überprüfung Rat der 500 Leitung der Stadt; Vorbereitung von Gesetzesanträgen und Volksversammlung; 50 pro Phyle; tagt etwa 250mal im Jahr (Amtszeit 1 Jahr) Volksgericht Ausschuss der Volksversammlung: 6 000 für 1 Jahr aus über 30 Jahre alten Freiwilligen geloste Richter (mindestens 501 pro Verfahren); die Gerichte tagten zwischen 175und 225 mal im Jahr i Verfassung der attischen Demokratie ab 462 v. Chr. p p Vergleichen Sie die Verfassung mit Solons Reformen (siehe Seite 16 f.) und erläutern Sie die Veränderungen. p Erörtern Sie Vorund Nachteile der Verfassung. 19Die Polis der Athener Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge tu m e C .C .B uc h er V er la gs | |
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