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M3 Frauen in der Heimat Während die Front im Osten zurückweicht, zeichnet ein geheimer Bericht der SS vom 18. November 1943 die Stimmung bei der weiblichen Bevölkerung auf: Am Kriegsgeschehen im Einzelnen nehmen die Frauen weniger Interesse. Besonders die weibliche Jugend zeige sich recht teilnahmslos. Häufi g trete bei den Frauen eine ausgesprochene Kriegsmüdigkeit zutage. Sie sind bestrebt, allem aus dem Wege zu gehen, was die Gedanken zum Kriegsgeschehen hinlenke, so vermeiden sie z. B. entsprechende Radiooder Filmdarbietungen und lassen den politischen Teil der Zeitung unbeachtet. Im Allgemeinen zeigten nur diejenigen Frauen, die nahe Angehörige an den Fronten haben, und Frauen der Intelligenzkreise wesentliches Interesse am politischen Geschehen. [...] Mit Sorge sähen auch viele Frauen, dass der Zusammenhalt und das gegenseitige Verständnis in ihrer Ehe unter der langen Kriegsdauer zu leiden beginne. Die mit kurzen Unterbrechungen nun schon Jahre andauernde Trennung, die Umgestaltung der Lebensverhältnisse durch den totalen Krieg, dazu die hohen Anforderungen, die jetzt an jeden Einzelnen gestellt werden, formten den Menschen um und erfüllten sein Leben. Der Frontsoldat zeige im Urlaub oft kein Verständnis mehr für die kriegsbedingten häuslichen Dinge und bleibe interesselos gegenüber vielen täglichen Sorgen der Heimat. Daraus ergebe sich häufi ger ein gewisses Ausein anderleben der Eheleute. So wiesen Ehefrauen bekümmert darauf hin, dass das sehnlichst erwartete Zusammensein in der schnell vorübergehenden Urlaubszeit getrübt worden sei durch häufi ge Zusammenstöße, die durch gegenseitige Nervosität hervorgerufen wurde. […] Auffallend sei, dass viele Maßnahmen der Partei und führender Persönlichkeiten von den Frauen in stärkerem Maße als von den Männern kritisiert würden, jedoch stellten sich die meisten Frauen stets hinter die Person des Führers. Allgemein werde von den Frauen immer der Standpunkt vertreten, dass der Führer bestimmt Abhilfe schaffen würde, wenn er alles wüsste. Die meisten Frauen richteten jedoch ihre Gedanken vorwiegend auf ihre gegenwärtigen praktischen Aufgaben. Von den drängenden Tagesanforderungen bereiteten derzeit die Kartoffelnot und der Gemüsemangel den Frauen große Sorge. Viele Mütter von heranwachsenden Kindern hätten schlafl ose Nächte, denn „sie wüssten oft nicht, was sie auf den Tisch bringen sollten“. [...] Mit lebhafter Freude sei von den Frauen die wesentlich erhöhte Mehlzuteilung und die Ankündigung der Weihnachtssonderzuteilungen begrüßt worden, da sie mit diesen Mengen nicht gerechnet hatten. Bedauert werde jedoch, dass kein Fleischzuschuss vorgesehen sei, ferner werde häufi g die Erwartung ausgesprochen, dass die Zuwendungen später nicht wieder durch entsprechende Kürzungen eingespart werden müssten. Zitiert nach: Wolfgang Michalka (Hrsg.), Deutsche Geschichte 1933 1945. Dokumente zur Innenund Außenpolitik, Frankfurt am Main 1993, S. 298 f. 1. Arbeiten Sie heraus, wie sich der Krieg nach dem vorliegenden Bericht auf die Frauen in der Heimat auswirkt. 2. Beurteilen Sie Gründe und Auswirkungen der in Zeile 33 44 genannten Haltung der Frauen. 3. Die nationalsozialistische Propaganda hat das Leben der Zivilbevölkerung während des Krieges zur „Heimatfront“ stilisiert. Erläutern Sie, welche Absicht mit dieser Maßnahme verbunden war. 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 i „Mutter und Kind.“ Gemälde von Alfred Bernert. Das Bild wurde im „Dritten Reich“ als Plakat und Postkarte mit folgender Unterschrift verbreitet: „In meinem Staate ist die Mutter die wichtigste Staatsbürgerin. Adolf Hitler.“ t „Der Einsatz der deutschen Frau im Krieg.“ Plakatwerbung für die freiwillige Meldung zum Arbeitseinsatz in der Industrie, um 1941. p Vergleichen Sie a) das Frauenbild, das in beiden Abbildungen zum Ausdruck kommt, und b) die Abbildungen mit dem Inhalt von M3. Welche Gemeinsamkeiten und welche Unterschiede fallen Ihnen hinsichtlich der Rollenbilder auf, die hier jeweils gezeichnet werden? 371Der Zweite Weltkrieg Nu r z u Pr üf zw ck e Ei g tu m d es C .C .B uc hn er V rla gs | |
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