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421Die Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland 1945 1989 Fortan garantierte die NATO die Sicherheit für Westdeutschland und gleichzeitig die Sicherheit vor Deutschland. Das amerikanische Konzept einer „doppelten Eindämmung“ – Abwehr des sowjetischen Hegemonialstrebens, Einbindung der (West-)Deutschen in die westliche Staatengemeinschaft – war aufgegangen. Adenauer sah darin die Voraussetzung für das langfristige Ziel einer Wiedervereinigung, seine politischen Gegner sprachen hingegen von einer Festschreibung der deutschen Teilung. Sie schienen zunächst auch Recht zu behalten. Die Blockbildung in Europa und Deutschland fand ihr vorläufi ges Ende mit der Gründung der Warschauer Vertragsorganisation am 14. Mai 1955, zu deren Unterzeichnerstaaten auch die DDR gehörte. Bereits Anfang 1956 wurde sie mit der „Nationalen Volksarmee“ (NVA) militärischer Teil des sowjetisch beherrschten Ostblocks. Mit der Herausbildung eines militärischen Gleichgewichts zwischen den beiden atomaren Supermächten seit Mitte der Fünfzigerjahre verfestigte sich der Status quo in Europa und somit auch im geteilten Deutschland. Bundeskanzler Adenauer legte den Akzent seiner Außenpolitik auf die Stärkung der westlichen Staatengemeinschaft und die Aussöhnung mit Frankreich. Diesem Ziel dienten die Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) 1957 und der enge Schulterschluss mit dem französischen Staatspräsidenten Charles de Gaulle, der seinen Höhepunkt im deutschfranzösischen Freundschaftsvertrag von 1963 fand. Die akzeptierte Demokratie Anders als die Weimarer Republik entwickelte sich die Bundesrepublik zu einem politisch stabilen Staat. Vor allem das „Wirtschaftswunder“, der Aufbau des Sozialstaates* und die Handlungsfähigkeit der Regierungen festigten die Bonner Demokratie. 1949 war die Gefahr einer politischen Radikalisierung der Bevölkerung angesichts ungesicherter wirtschaftlicher Verhältnisse, Arbeitslosigkeit, sozialer Not und eines nicht geringen Potenzials politisch Unbelehrbarer noch durchaus gegeben. Als die Besatzungsmächte Anfang 1950 den Lizenzzwang für politische Parteien aufhoben, entstanden in kurzer Zeit rund 30 neue, zumeist nationale und rechtsextremistische Parteien. Nach der zweiten Bundestagswahl 1953 setzte eine Entwicklung ein, die bis Anfang der Achtzigerjahre kennzeichnend für das Parteiensystem der Bundesrepublik und die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag blieb: Die Zahl der im Bundestag vertretenen Parteien sank stark ab, und die Stimmen für die beiden großen Gruppierungen – Unionsparteien und Sozialdemokratie – nahmen zu. CDU/CSU, SPD und FDP waren und blieben die bestimmenden politischen Parteien. Herausbildung der Volksparteien Mit den Wahlerfolgen Adenauers bildete sich ein neuer Parteientypus heraus – die Volkspartei. Die CDU (und in Bayern die CSU) entwickelte sich zu einer bürgerlichen Sammlungsbewegung, die für alle großen sozialen Gruppen und Schichten wählbar war. Nach empfi ndlichen Wahlniederlagen in den 1950er-Jahren wandelte sich auch die SPD zu einer modernen Volkspartei. Die Wähler hatten ihre Opposition gegen die Außenund Wirtschaftspolitik der Regierung Adenauer nicht belohnt. Sozialdemokratische Reformer wie Willy Brandt und Herbert Wehner setzten einen Kurswechsel durch. Das Ergebnis war ein neues Parteiprogramm, das Godesberger Programm von 1959, das das Heidelberger Programm von 1925 ablöste. An die Stelle klassenkämpfe* Siehe Seite 422 f. Herbert Wehner (1906 1990): Mitglied der KPD in der Weimarer Republik, 1935 emigriert. 1969 1983 Vorsitzender der SPD-Fraktion im Bundestag. Charles de Gaulle (1890 1970): französischer General im Zweiten Weltkrieg; 1944 1946 Chef der Regierung des befreiten Frankreich. Entwirft 1958 als Ministerpräsident eine neue Verfassung (Fünfte Republik), die dem Präsidenten eine große Machtfülle verleiht und die in einer Volksabstimmung angenommen wird. 1959 1969 französischer Staatspräsident. Willy Brandt (vormals Ernst Karl Frahm) (1913 1992): Sozialdemokrat, 1933 1945 emigriert. 1957 1966 Regierender Bürgermeister von Berlin (West). 1964 1987 Vorsitzender der SPD. 1969 1974 Bundeskanzler. Erhielt 1971 den Friedensnobelpreis. Nu r z P rü fzw ec ke n Ei ge tu m de s C .C .B uc hn er V er la gs | |
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