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431Die Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland 1945 1989 die Bundesregierung das Recht des deutschen Volkes, „in freier Selbstbestimmung seine Einheit“ wiederzuerlangen. Damit wurde dem Wiedervereinigungsgebot des Grundgesetzes Rechnung getragen. Der Moskauer Vertrag wurde zum Vorbild für die nachfolgenden Verträge mit Polen (Dezember 1970) und der Tschechoslowakei (Dezember 1973). In einem engen inneren Zusammenhang damit standen die gleichzeitig laufenden Verhandlungen der vier Mächte über den Status Berlins. Im Viermächte-Abkommen über Berlin vom 3. September 1971 einigten sich die Siegermächte darauf, dass West-Berlin zwar nicht Bestandteil der Bundesrepublik sei, aber enge „Bindungen“ mit Westdeutschland pfl egen dürfe und von Bonn diplomatisch vertreten werde. Die Sowjetunion hatte damit ihr Gesicht gewahrt, zugleich aber den ungestörten Transitverkehr von und nach WestBerlin durch die DDR garantiert. Die West-Berliner konnten aufatmen. Leonid Breschnew versprach sich von den Verträgen verbesserte Wirtschaftsbeziehungen mit der ökonomisch starken Bundesrepublik und eine Garantie einer Vormachtstellung der UdSSR über Ostmitteleuropa. Anerkennung der DDR im Rahmen besonderer Beziehungen Damit waren die Voraussetzungen für eine grundsätzliche Neugestaltung der innerdeutschen Beziehungen gegeben. Um die Trennung der in Ostund Westdeutschland lebenden Menschen durch Besuchsreisen, vermehrte wirtschaftliche Zusammenarbeit und Kontakte aller Art erträglicher zu machen, erklärte sich Bundeskanzler Brandt dazu bereit, die DDR als zweiten deutschen Staat anzuerkennen. Er kam damit einem dringenden Wunsch der kommunistischen Führung in Ost-Berlin nach, die sich dadurch die Legitimation ihrer Herrschaft versprach, über die sie in der Bevölkerung mangels freier Wahlen niemals verfügte. Willy Brandt unterstrich jedoch von Anfang an, dass die Bundesregierung an der Einheit der deutschen Nation unverändert festhalte. Die Bundesrepublik und die DDR seien, so Brandt in seiner ersten Regierungserklärung im Oktober 1969, „füreinander nicht Ausland“. Zwei Treffen mit dem DDR-Ministerratsvorsitzenden Willi Stoph 1970 endeten erfolglos. Die Regierung in Ost-Berlin wollte eine völkerrechtliche Anerkennung und damit den Austausch von Botschaftern, was ihr Brandt und Scheel eindeutig verweigerten. Es sollte bei der mit den USA abgesprochenen Formel von den „zwei Staaten in Deutschland“ bleiben, und dafür sollte die SED-Führung humanitäre Erleichterungen garantieren. Nach zähen Verhandlungen mit der DDR-Führung konnten Brandt und Scheel bis 1972 Vereinbarungen über den Transitverkehr erreichen. In dringenden Familienangelegenheiten konnten jetzt auch DDR-Bürger, die noch nicht im Rentenalter waren, in die Bundesrepublik reisen, um gekehrt wurden Touristenreisen in die DDR erleichtert. Die Mauer war etwas durch lässiger geworden. Der Grundlagenvertrag Mit dem Grundlagenvertrag vom Dezember 1972 gab die Bundesregierung ihren seit 1949 erhobenen Alleinvertretungsanspruch* auf und erkannte die Gleichberechtigung der DDR an, die sich ihrerseits bereit erklärte, „im Zuge der Normalisierung ihrer Beziehungen praktische und humanitäre Fragen zu regeln“. Am Ziel der Wiedervereinigung hielt die Bundesregierung ausdrücklich fest und unterstrich die „besonderen Beziehungen“ zwischen beiden deutschen Staaten durch die EinrichWilli Stoph (1914 1999): Gründungsmitglied der SED, 1952 1955 DDR-Innenminister, 1956 1960 Verteidigungsminister; 1964 1973 und 1976 1989 Vorsitzender des DDR-Ministerrates, 1973 1976 DDR-Staatsratsvorsitzender * Siehe Seite 418. Nu r z u Pr üf zw ec ke n E ge nt um d es C .C .B uc hn er V er la gs | |
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