Volltext anzeigen | |
Zwischen alter Ordnung und neuem Denken Wann endete das Mittelalter, wann begann die Neuzeit? In den Jahren um 1450, als Gutenberg den Buchdruck erfand? 1492 mit der „Entdeckung“ Amerikas? Oder 1517 mit den Thesen Luthers? Historiker haben dazu unterschiedliche Meinungen – und dennoch sind sie sich einig, dass eine Epochentrennung von Mittelalter und Neuzeit sinnvoll ist. Denn in der Ära um 1500 vollzog sich in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik ein einmaliger Umbruch in der Geschichte Europas. Rückblickend scheint er den Beginn einer neuen, bis 1800 reichenden Epoche zu markieren, für die in der Geschichtswissenschaft der Begriff „Frühe Neuzeit“ geprägt worden ist. Dabei sollte nicht übersehen werden, dass in dieser Zeit viele Entwicklungen fortgeführt wurden, die schon ein oder zwei Jahrhunderte zuvor eingesetzt hatten. Die Einfl üsse der Renaissance und des Humanismus befreiten das Denken der Menschen aus den Beschränkungen der Kirche, indem sie die Kultur der Antike belebten und den Menschen zum Maß aller Dinge erklärten. Wissenschaftliche Erkenntnisse von Forschern wie Nikolaus Kopernikus und Galileo Galilei sowie die Entdeckung Amerikas durch Kolumbus 1492 stellten das mittelalterliche Weltbild infrage. Das Ausgreifen der Europäer nach Übersee, die Eroberung und Ausbeutung der unterworfenen Gebiete setzten einen globalen Handel in Gang, der die Vormachtstellung Europas in der Welt begründete. Gleichzeitig revolutionierte der Buchdruck die Verbreitung von Informationen und Bildung. Er sorgte auch dafür, dass sich die Kritik an den Missständen in Kirche und Christenheit rasch ausbreitete. So führten die 1517 von Martin Luther veröffentlichten Thesen zur Reformation und zur Spaltung der europäischen Christenheit in verschiedene Konfessionen. Die neue reformatorische Lehre trug auch dazu bei, dass sich kleinere Aufstände der ländlichen und städtischen Unterschichten 1525 zum Bauernkrieg ausweiteten. Die weit tragenden Veränderungen zerstörten somit festgefügte politische und soziale Traditionen. Die Menschen erfasste eine tiefe Verunsicherung, sodass ihr Bedürfnis nach neuer Ordnung wuchs. Die Könige und Fürsten reagierten, indem sie die staatliche Organisation verbesserten, vor allem die Rechtsprechung und den Schutz vor Gewalt. Der frühmoderne Staat, der so allmählich in den Territorialstaaten entstand, bändigte die religiöse Zersplitterung. Er zwang den Untertanen eine einheitliche Konfession auf – in Deutschland die katholische, die lutherische oder die reformierte. Dadurch nahm die Macht des Staates weiter zu. Es war schließlich das Streben, den Machtgewinn zu nutzen, und es waren Gegensätze der Konfessionen, die den verheerenden Dreißigjährigen Krieg verursachten. In ihm kämpften Spanien und Frankreich um die Vorherrschaft in Europa. Der Schauplatz allerdings war das konfessionell gespaltene Heilige Römische Reich Deutscher Nation, dessen Bewohner in einem zuvor nie gekannten Ausmaß unter dem Krieg litten. Erst nach langen Verhandlungen konnte der verheerende Krieg, der die Mitte Europas drei Jahrzehnte immer wieder in ein Schlachtfeld verwandelte, im Westfälischen Frieden 1648 beigelegt werden. u Was zeichnete die Renaissance und den Humanismus als wesentliche Geistesbewegungen der Frühen Neuzeit aus? u Zu welchen tief greifenden Veränderungen in Gesellschaft, Wirtschaft und kulturellem Leben führte das neue Weltund Menschenbild? u Welche Auswirkungen hatte die Reformation und inwiefern führte sie zu neuen Formen der Staatlichkeit? u Welche Ursachen und Folgen hatten die europäischen Entdeckungen und Eroberungen seit dem 16. Jahrhundert? 95Orientierung Nu zu P rü fzw ck en Ei g nt um d es C .C .B uc hn er V er la gs | |
![]() « | ![]() » |
» Zur Flash-Version des Livebooks |