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Antipolnische Politik des preußischen Staates Die polnischsprachigen Zuwanderer im Ruhrgebiet standen unter scharfer Beobachtung durch den preußischen Staat, weil er sie für gefährlich hielt. Preußen hatte ebenso wie Österreich und Russland Ende des 18. Jahrhunderts von der Teilung des polnischen Staates profi tiert und sein Territorium deutlich erweitert. Seither fürchteten sich die preußischen Behörden vor Aufständen und politischen Bewegungen im ehemals polnischen Teil Preußens, die zu einer Abspaltung und zur Neuerrichtung eines polnischen Staates führen konnten. Alle politischen Aktivitäten in den polnischsprachigen Teilen des preußischen Ostens wurden deshalb besonders streng beobachtet, meist rasch unterdrückt, polnische Organisationen verboten oder in ihrer Handlungsfähigkeit beschränkt. Seit den 1870er-Jahren zielte diese Unterdrückungspolitik immer stärker auf eine „Germanisierung“ der polnischen Gebiete. Dies beinhaltete die Zurückdrängung der polnischen Sprache zugunsten der deutschen in der Schule und im öffentlichen Leben, die Verdrängung von Polen aus der Verwaltung und aus der kommunalen und regionalen Politik sowie den Aufkauf von Landbesitz polnischer Bauern und Großgrundbesitzer, um Deutsche anzusiedeln (u M2). Gleichzeitig wurden „illegale Zuwanderer“ ab 1885 aus den vier Provinzen (Ostpreußen, Westpreußen, Posen und Schlesien) ausgewiesen; neben 20 000 polnischen Kleinbauern und Landarbeitern betraf diese Maßnahme auch ca. 9 000 Juden. Diese Aktion schadete dabei nicht nur der wirtschaftlichen Entwicklung der Ostprovinzen, sondern auch dem Image des Staates – in Deutschland selbst wie im europäischen Ausland. Auch viele Reichstagsmitglieder stellten sich nun erstmals gegen die Politik der Regierung und verurteilten die Ausweisungen ein Jahr später. Den preußischen Obrigkeiten erschien die starke polnische Abwanderung in das Ruhrgebiet dabei nun zunehmend als Problem. Würde sich eine starke polnische „Parallelgesellschaft“ im Ruhrgebiet etablieren können, die nun auch die Integrität und Stabilität des preußischen Staates in den Westprovinzen gefährdete? Polnische politische Aktivitäten, das polnische Vereinswesens, aber auch die Aktionen polnischer Arbeiter in den Gewerkschaften und bei Streiks wurden aus diesem Grund sehr sorgfältig beobachtet und viele Maßnahmen ergriffen, um eine politische Zusammenarbeit von Polen zu behindern und zu verhindern. Teilung des polnischen Staates: schrittweise vollständige Aufteilung des Territoriums des Staates Polen-Litauen in den Jahren 1772, 1793 und 1795 durch die Nachbarstaaten Russland, Österreich und Preußen i Zensur. Bücherverzeichnis der Abteilung II des Polizeipräsidiums Posen, die jährlich eine Übersicht über verbotene und zu beschlagnahmende polnischsprachige Druckerzeugnisse herausgab. Warschau Österreich Preußen Polen Russland 1772 Grenze Polens 1772 an Preußen an Russland an Österreich 0 900 km Warschau Österreich Preußen Polen Russland 1793 Warschau Österreich Preußen Russland 1795 i Die Teilungen Polens. 139Migration am Beispiel des Ruhrgebietes Nu r z Pr üf zw ck en Ei g nt um d es C .C .B uc hn er V er la gs | |
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