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i Osmanische Kaffeekanne. Foto von 2000. Hergestellt in Istanbul, 18. Jh. Kupfer, innen und außen vergoldet. p Vergleichen Sie dieses Design mit demjenigen zeitgleicher europäischer Porzellanmanufakturen, z. B. in Meißen, Wien oder Berlin (Internet). Auch im Handel waren die Beziehungen unausgewogen, denn im Osmanischen Reich wirkten viel mehr Kaufl eute christlicher Herkunft als umgekehrt osmanische Händler in Europa. In Venedig, zu dem die wirtschaftlichen Beziehungen besonders eng waren, unterhielten die Osmanen allerdings eine Zeitlang eine eigene Handelsniederlassung, den Fondaco dei Turchi, heute ein Museum am Canal Grande. Vermittler zwischen den Kulturen waren ferner Missionare, die ins Osmanische Reich reisten, um Angehörige anderer christlicher Konfessionen zu bekehren (die Missionierung von Muslimen stand unter Todesstrafe). Zu erwähnen sind ferner Emigranten (z. B. Juden, Protestanten), Kriegsgefangene, die in die Heimat zurückkehrten, und Pilger zu den Heiligen Stätten der Christen. Kulturtransfer für Auge, Ohr und Gaumen Die Musik der Janitscharen beeinfl usste die Marschmusik in Europa. Komponisten wie Wolfgang Amadeus Mozart (1756 1791) und Ludwig van Beethoven (1770 1827) ließen sich von ihr inspirieren. Die Tulpe brachte vermutlich in den 1550er-Jahren ein Diplomat an den Wiener Hof. Süleyman der Prächtige hatte ihm Zwiebeln der aus Persien stammenden Pfl anze geschenkt. Von Wien gelangte die Blume – ihr Name stammt aus dem Türkischen – vermutlich Ende des 16. Jahrhunderts durch einen Glaubensfl üchtling in die Niederlande. Umgekehrt kam der Tabak, der aus Amerika stammt, über Italien oder die Habsburgermonarchie ins Osmanische Reich. Besonders intensiv war der Transfer im Bereich der Essund Trinkkultur: Die Osmanen brachten Reis, Paprika, Mais und Knoblauch nach Südosteuropa. Wie solche Prozesse abliefen, soll anhand der Verbreitung des Kaffees verdeutlicht werden: Die Ursprünge des Kaffeetrinkens reichen bis ins späte 14. Jahrhundert nach Äthiopien und in den Jemen zurück. Dort entdeckte man, dass sich aus den gerösteten Bohnen einer Pfl anze ein anregendes Getränk bereiten lässt. Muslimische Pilger (Mekka, Medina) und Händler verbreiteten den Kaffee rasch im Osmanischen Reich. Um 1554 öffnete in Konstantinopel das erste Kaffeehaus. Anschließend startete der Kaffee seinen Siegeszug durch Europa: 1645 richtete man in Venedig das erste Kaffeehaus ein, 1652 in London und 1663 in Amsterdam. Nach Wien, dessen Kaffeehäuser seit 2011 zum UNESCO-Weltkulturerbe zählen, gelangte das Getränk durch eine osmanische Gesandtschaft, die 1665 zu Friedensverhandlungen an den Kaiserhof gereist war. In der habsburgisch-osmanischen Diplomatie war Kaffeetrinken damals bereits gebräuchlich; es symbolisierte Frieden und Freundschaft (u M6). Das Interesse der Europäer an der Kultur der Osmanen war in der Frühen Neuzeit deutlich größer als umgekehrt das der Osmanen an Europa. Es gibt jedoch Ausnahmen, etwa in der Waffentechnologie, im Schiffsbau und im Buchdruck. Eine stärkere Öffnung der Osmanen gegenüber dem Westen zeigte sich in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts. So wurde 1729 die erste osmanische Druckerei gegründet. Die osmanischen Eliten ersetzten zu dieser Zeit ihre niedrigen Diwane durch Sofas und Stühle und ließen ihre Paläste und Gärten von Architekten aus Europa gestalten. Einfl üsse gab es auch in Musik (z. B. Übernahme der Violine) und Literatur. i Der „Fondaco dei Turchi“. Foto von 2012. Der Palast in Venedig, dessen Geschichte bis ins 13. Jh. zurückreicht, wurde im 17. Jh. an osmanische Händler verpachtet, die dort ein Warenlager (it. Fondaco) betrieben. Der Name hat sich bis heute ge halten. 65Das Osmanische Reich und „Europa“ in der Frühen Neuzeit Nu r z u Pr üf zw ec ke n ig en tu m d s C .C .B uc n r V er la gs | |
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