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Trugbilder Weitere Irritationen entstehen aufgrund der Monochromie (eintönige Farbgebung), die dazu führt, dass das Model nicht wie in einem Fashionbild üblich hervorgehoben wird, sondern – auch unterstützt durch die einheitlichen weichen Formen – im Raum aufgeht. Die Protagonistin befi ndet sich dadurch optisch auf einer Bildebene zu ihrer Umgebung. Der schiefe Bildausschnitt wirkt ebenfalls nicht professionell: Zu viele diagonal verlaufende Richtungslinien und ungerade Hauptachsen verhindern eine kompositorische Bildeinheit. Dies führt zu einer Unruhe, die den Betrachterblick nicht zum Verweilen einlädt. Das riesige, überlebensgroße Bildformat irritiert ebenfalls und ist unpassend für eine Modeaufnahme. Verunsicherung ruft zudem die unnatürliche Körperrundung am Bauch hervor. Ist diese bewusst angelegt, um zu provozieren? Gegen den Schlankheitswahn der Models? Oder handelt es sich um eine Präsentation der Weiblichkeit durch eine angedeutete Schwangerschaft? In ihren „Modefotografi en“ entlarvt die Künstlerin die in der Modewelt inszenierten Trugbilder weiblicher Schönheit. Dafür bedient sie sich auch visueller Codes, wie es z. B. die geöffneten Beine zeigen, die einen Blick in den Schoß der Frau zulassen. Indem Sherman vertraute Bildrealitäten verändert, stellt sie Fragen zur Identität, Körperlichkeit und Sexualität und oft auch zur Rolle der Frau in der Gesellschaft. Bemerkenswert ist dabei ihr künstlerisches Vorgehen: Hinter all ihren Fotoinszenierungen steckt sie selbst! Die Künstlerin schlüpft dabei nicht nur in die verschiedenen Rollen ihrer inszenierten Personen, sie übernimmt darüber hinaus auch alle übrigen Aufgaben am Aufnahmeset. Sie schminkt und kostümiert sich selbst, wählt vorab die Requisiten und den Ort für die Fotografi e aus, baut die Fotokamera inkl. Scheinwerfer auf und löst mithilfe des Selbstauslösers schließlich auch noch die Aufnahme aus. Ihre inszenierten Fotografi en erstellt sie hauptsächlich in Serien, die sich in Themenblöcke einteilen lassen. Diese setzen sich mit gesellschaftlichen Phänomenen auseinander und wollen den Betrachter zu einer kritischen Refl exion massenmedialer Bilder anregen. Exkurs: Inszenierte Fotografi e In der inszenierten Fotografi e wird nichts dem Zufall überlassen. Alles ist bewusst auf dem Bild arrangiert und in Szene gesetzt. Dabei ist der technische Aufwand oft sehr groß. Im Vordergrund steht stets die Bildinszenierung und nicht die Technik der Fotografi e als solche. Alles, was im Bild der inszenierten Fotografi e zu sehen ist, folgt einer konkreten Absicht. Dies betrifft sowohl den Bildinhalt, als auch die formalen Elemente, wie z. B. die Perspektive, der Bildausschnitt und der Lichteinfall. Die inszenierte Fotografi e will Emotionen im Betrachter wecken und seine Aufmerksamkeit erregen. Sie lässt dafür bewusst die Realität hinter sich und entwirft eine eigene Authentizität, die dem Betrachter glaubwürdig erscheint. Mit der anschließenden Auseinandersetzung beginnt auch das Bewusstmachen der Inszenierung und der damit verbundenen generellen Frage nach der Authentizität in der Fotografi e. Inwieweit steckt in jeder Fotografi e nicht auch eine Form der Inszenierung? Selbst im Schnappschuss, der formal betrachtet das Gegenteil der inszenierten Fotografi e darstellt, fotografi ert der Künstler aus einer bestimmten Perspektive. Auch wenn er diese nicht bewusst eingenommen hat, wirkt sie sich auf das anschließend sichtbare Ergebnis aus. N u r zu P rü fz w e c k e n E ig e n tu m d e s C .C .B u c h n e r V e rl a g s | |
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