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109Kapitel 3 Religion und Kultur: Dem Leben begegnen 35 40 45 50 55 60 Deute den Satz, den der Großvater zu Sebastian sagt: „Vielleicht bin ich schon tot.“ Sebastian.“ „Ja“, sagte Sebastian und setzte sich auf den Stuhl, den seine Mutter ans Bett geschoben hatte. „Ja.“ „Vater“, sagte Mutter jetzt, „ich gehe schnell zur Pforte. Ich muss noch etwas erledigen. Sebastian wird dir solange Gesellschaft leisten.“ „Ach bitte“, sagte Sebastian. Er sagte den Satz nicht zu Ende. „Bleib doch hier“, hätte er gern noch hinzugefügt, aber seine Mutter war schon fortgegangen. Jetzt war Sebastian mit dem Großvater allein. Das heißt, es waren noch drei andere alte Männer im Saal, die aber alle friedlich in ihren Betten schliefen. Was soll ich jetzt sagen, dachte Sebastian. Aber Gott sei Dank begann sein Großvater nun ein Gespräch. Er winkte Sebastian näher zu sich heran, und Sebastian beugte sich nah über sein Gesicht. „Ich muss dir was sagen“, sagte der Großvater. „Weißt du, vielleicht bin ich schon tot.“ Sebastian erschrak. Er fühlte, dass er jetzt etwas antworten müsse, etwas Wichtiges, Gutes, Ehrliches, was den Großvater freuen würde. Aber er brachte keinen Ton heraus. „Nein, nein“, sagte er dann. „Nein, nein, bestimmt nicht. Ich glaube nicht, dass du schon tot bist.“ „Warum?“, sagte der Großvater, und Sebastian schien es so, als ob er dabei ganz glücklich aussah. „Es ist doch nicht schlimm, tot zu sein?“ „Nein“, sagte Sebastian, „ich glaube nicht, dass es so schlimm ist.“ Er entsann sich plötzlich, dass seine Mutter ihm erzählt hatte, der Großvater sei manchmal ganz klar, und man könnte sich mit ihm unterhalten. „Du bist ein kluger Junge“, sagte der Großvater. „Wie geht‘s in der Schule?“ „Na ja“, sagte Sebastian, „wie immer.“ Der Großvater nickte. Sie hatten sich verstanden. Als seine Mutter wieder zu ihnen ans Bett kam, dachte Sebastian: Ich werde ihr nichts davon erzählen, was Großvater zu mir gesagt hat. Nu r z u Pr üf zw ec ke n Ei ge nt um d es C .C . B uc hn er V er la gs | |
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